Motorfähre "Finte“
(ex. "Zons“) 1952 - 1961

von A. Bohrer


Motorfähre "Finte“, ex "Zons“ aus Zons

Motorfähre "Finte“, ex "Zons“ aus Zons
Die Motorfähre "Finte“ der Fährgesellschaft Linz-Remagen GmbH war die kleinste, motorbetriebene Fähre, die zwischen Linz und damals noch Bad Kripp eingesetzt wurde. Als sie am 27. Oktober 1952 von der Fährgesellschaft angekauft wurde, war sie bereits etwa 23 - 25 Jahren im aktiven Fähreinsatz gewesen. Ihr früherer Eigentümer, der Schiffer und Fährmann Hans Hahn aus Zons, hatte die Fähre für die Zons' er Fährstelle erworben und dort viele Jahre betrieben.
1927 – 1949 Düsseldorf – Urdenbach – Zons: Ursprünglich wurde die Fähre 1927 oder 1929 bei der Schiffswerft H. Bröhl in Mondorf als offene Fährschalde, ohne eigenen Antrieb, gebaut. Eingesetzt wurde sie Fährmann Hans Hahn an der  etwas abseits gelegenen Fährstelle zwischen Zons und Düsseldorf-Urdenbach. Zur Erleichterung des Fährbetriebs, wurde sie dann eine  Zeitlang von einem Motorboot geschleppt (ein Schaldenbetrieb, so wie zwischen Linz und Kripp auch). 1933 erfolgte die Umrüstung der Fährschalde mit einem Motor zur freifahrenden Motorfähre "Zons“ auf der Schiffswerft Jean Stauff in Königswinter. Die Tragfähigkeit wurde danach mit 15 Tonnen angegeben.                                                Quelle: B, M. Geyer 

1927 – 1949 Düsseldorf – Urdenbach – Zons
Ursprünglich wurde die Fähre 1927 oder 1929 bei der Schiffswerft H. Bröhl in Mondorf als offene Fährschalde, ohne eigenen Antrieb, gebaut. Eingesetzt wurde sie Fährmann Hans Hahn an der  etwas abseits gelegenen Fährstelle zwischen Zons und Düsseldorf-Urdenbach. Zur Erleichterung des Fährbetriebs, wurde sie dann eine  Zeitlang von einem Motorboot geschleppt (ein Schaldenbetrieb, so wie zwischen Linz und Kripp auch). 1933 erfolgte die Umrüstung der Fährschalde mit einem Motor zur freifahrenden Motorfähre "Zons“ auf der Schiffswerft Jean Stauff in Königswinter. Die Tragfähigkeit wurde danach mit 15 Tonnen angegeben.                                                                                                                 Quelle: B, M. Geyer


© Repro Archiv Willy Weis

Technische Daten als Motorfähre "Zons“: 
Umbau: Schiffswerft J. Stauf, Königswinter * Umbaujahr: 1933 * Länge über alles: ca. 24 m Länge Rumpf: 18,00 m Länge der Klappen: ca. 3 m Breite über alles: ca. 6 m Breite Rumpf: 5,00 m Breite der Fahrbahn: ca. 4 m Tiefgang leer / beladen: ca. 0,60 – 0,70m Seitenhöhe: 1,25 m zul. max. Gesamtlast: 15 t Antrieb: 2 feststehende Propeller (Ø 50-60 cm) auf Getriebe, angetrieben von einem Motor, PS ? * Quelle: Schiffsregisterauszug St. Goar 1933 wurde sie bei der Schiffswerft J. Stauff in Königswinter, mit einem kleinen Motor nachgerüstet. Die Königswinterer Werft J. Stauff war damals als Spezialist für den Bau von Personenmotorbooten bekannt und genoss einen guten Ruf beim Einbau von Bootsmotoren. Dazu wurde der in Pontonform gebaute Schaldenrumpf mittig in Längsrichtung, zu beiden Seiten mit einem Tunneln versehen, in dem jeweils ein feststehender Propeller und ein Schiffsruder montiert wurde. Der Motor wurde über ein Getriebe mit den beiden Schrauben verbunden. Die Steuerung des Antriebs und der Ruder erfolgte aus einem Steuerfahrstand, der seitlich als Galerie an den Rumpf anmontiert wurde. Nach dem erfolgreichen Umbau wurde die Tragfähigkeit der nun auf den Namen "Zons“ getauften Motorfähre mit ca. 15 Tonnen angegeben. Damit konnte die neu entstandene Motorfähre "Zons“ ca. 120 Personen bzw. 4 PKW transportieren.

1945 – 1949 Krefeld Uerdingen – Duisburg -Mündelheim ?
Den 2 Weltkrieg überstand die Motorfähre "Zons“ ohne gravierende Beschädigungen. Da der Fährverkehr an der Zonser Fährstelle während des Krieges komplett eingestellt war und auch nach dem Ende nicht mehr in Schwung kam, verlieh Hans Hahn seine Fähre von 1945 bis 1949 nach Krefeld – Uerdingen. An der dortigen Fährstelle wurde die Fähre als Querseilfähre eingesetzt, und diente als Ersatz für die im Krieg zerstörte Brücke.                                                                               Quelle: B



Foto: © Archiv Fährgesellschaft                                                                                                 Quelle: B, Manfred Geyer

25. Januar bis 01. April 1949 Linz – Kripp (Remagen): 
Vom 25. Januar bis zum 01. April 1949 verlieh Hans Hahn die Motorfähre "Zons“ an die Fährgesellschaft Linz-Kripp GmbH. Sie sollte den Linzer und Kripper Bürgern als Ersatz für die eigene, neue Querseilfähre (der späteren "Linz-Bad Kripp“ / "St. Martin“) dienen, die während dieser Zeit mit einem Motor ausgerüstet wurde.

02. April 1949 – 26. Oktober 1952:

Vom 02. April 1949 bis zum 26. Oktober 1952 verliert sich dann ihre Spur, ob sie in Zons aufgelegen hat oder als Leihfähre an anderen Fährstellen eingesetzt war, konnte bisher nicht geklärt werden, ein Fähreinsatz an ihrer ursprünglichen Fährstelle, zwischen Urdenbach und Zons, fand jedenfalls nicht statt, da die Fährstelle schon vor dem 2 Weltkrieg nur noch wenig genutzt worden war und sich daher nicht mehr rentierte.

27.10.1952 Ankauf durch die Fährgesellschaft Linz-Kripp:
Am 27. Oktober 1952 erwarb die Fährgesellschaft Linz-Kripp die Motorfähre "Zons“ von ihrem früheren Eigentümer, dem Fährmann Hans Hahn aus Zons, als Zweit- und Ersatzfähre für die Linzer Fährstelle. Einen Auftrag der besonderen Art führte die Fährgesellschaft Linz am 28. August 1953 aus: Die Motorfähre "Zons“ transportierte einen Bagger, der aus Erpel stammenden Firma Gebrüder Weißenfels, zur Insel Hammerstein, womit die Insel erstmalig in der Geschichte ein Motorfahrzeug aufnahm.                                                                                                                           Quelle: Manfred Geyer


Quelle: Fotoalbum Manfred Geyer

01.09. -27.12.1953 / Umbau bei Ruthof: 
Als die Fähre "Zons“ im Oktober 1952 von der Fährgesellschaft erworben wurde, befand sie sich in einem "bedauernswerten“ Zustand. Zwar durchaus noch Einsatzfähig, aber eben nicht mehr in besten Zustand, machten sich die Mängel bereits im ersten Betriebsjahr bemerkbar. Das damals übliche Fahrzeugdeck aus Holzbohlen, war marode und musste ausgetauscht werden. Auch hatte sich während des ersten Betriebsjahrs gezeigt, das die Fähre für den Einsatz in Linz zu klein war, daher entschied man sich, die "Zons“ bei der Schiffswerft Christoph Ruthof in MainzCastell zu einem vollwertigen Fährschiff umbauen zu lassen.


In der Zeit vom 01.09. bis 27.12.1953 wurde die Motorfähre "Zons“ unter der Rep.-Nr.: 2136 bei der Schiffswerft Chr. Ruthof in MainzCastel, zu einem vollwertigen Fährschiff umgebaut. So wurde das kleine, vorhandenen Deckshaus mit dem innen liegenden Fahrstand, zu einem größeren Deckshaus mit integriertem und höher gesetztem Steuerstand und freier Rundumsicht erweitert. Ihm Gegenüber wurde ein zweiter Decksaufbau (Mannschaftslogis), als Gegengewicht, auf einem Galerieanbau an der Rumpfaußenseite angebracht. Weitere Veränderungen: Überlange Fährklappen, ein neues verstärktes Holz-Oberdeck, eine Aufhängung für das Beiboot, ein stärkerer Motor mit 100PS  Maschinenleistung und verschiedene, weitere technische Verbesserungen, wie zum Beispiel eine Decksbeleuchtung. Auch die Aufhängung der Landeklappen wurde umgebaut. Sie wurden von der Deckinnenseite nach Außenbords verlegt um so mehr Fahrbahnbreite auf Deck zu erhalten und damit mehr Stellfläche für Kraftfahrzeuge und Motorräder. Um die durch den Umbau reduzierte Tragfähigkeit zu erhöhen, wurden jeweils seitlich am Rumpf, zusätzliche Schwimmkörper angebracht. So konnte die Tragfähigkeit sogar auf 20 Tonnen gesteigert werden.
Die erste Querfahrt (Probe und Übungsfahrt) absolvierte die noch ungetaufte Fähre "Finte“ am 29. Dezember 1953. Die offizielle Taufe sollte einen Tag später erfolgen.                                                                                 Quelle: B, Manfred Geyer 

30.12.1953 / Einsegnung

 Am 30. Dezember 1953 erhielt das Fährschiff, auf Wunsch der Kripper Bürger, bei der Einsegnung den Namen "Finte“. Die Bürgermeister Dr. Hoffmann (Linz), und Dr. Kemming (Remagen), sowie Dechant Schütz und Pfarrer Dr. Reindell übergaben die Neuerwerbung einen Tag vor Silvester ihrer Bestimmung. Der Name "Finte“ entstand durch die Finten, eine kleine Fischart, die um 1930 aus dem Rhein verschwunden ist. Am Hotel "Fährhaus“ war der Anleger für die zwei Rheinfähren, der “Linz-Bad Kripp“ und der “Finte”. Ernst Gruber, Manfred Geyer und auch Josef Schumacher gehörten zu den Steuermänner der beiden Fähren, die damals noch über kein Radar verfügten.                    Quelle & Foto: Manfred Geyer


                                                                                                  Foto: © Archiv Fährgesellschaft

Technische Daten als Fährschiff "Finte“: 
Umbau: Schiffswerft Chr. Ruthof, Mainz-Castell Umbauzeitraum: 01.09 - 27.12.1953 Länge über alles: 30,72 m Länge Rumpf: 18,00 m Länge der Klappen: 6,20 m Länge Scharniere (Klappe / Rumpf): 0,16 m Breite über alles: 7,34 m Breite Rumpf: 5,00 m Breite auf CWL (Schwimmkörper): 6,60m Breite der Fahrbahn: 5 m Tiefgang leer / beladen: ca. 0,71 – 0,93m Seitenhöhe: 1,25 m zul. max. Gesamtlast: 20 t Transportleistung: ca. 8-10 PKW (je nach Größe) Antrieb: 2 feststehende Propeller (Ø 50 - 60 cm) auf Getriebe, angetrieben von einem 100 PS Motor.

Durch den stetig steigenden PKW - Übersetztverkehr Ende der 1950er Jahren, wurde die "Finte“ mit ihrer geringen Übersetzkapazität von ca. 8 - 10 PKW (je nach PKW - Größe) schnell zu klein und konnte auch als Ersatzfähre mit der größeren Autofähre "St. Martin“ nicht mehr mithalten. Das Endgültige aus kam 1960 mit der Anschaffung der neuen Autofähre "St. Johannes“. 


1961 Verkauf nach Kaiserwerth – Langst:
Da sich 3 so ungleiche Autofähren nicht Sinnvoll, zeitgleich in Linz einsetzen lassen, wird die "Finte“ Ende 1961 an den Fährmann Heinz Lurz aus Langst verkauft. Ihr neues Einsatzgebiet wird die Fährstelle zwischen Kaiserswerth und Langst bei Rheinkilometer 755,1. Als "Peter" (II) nimmt sie dort 1962 den Fährbetrieb auf. Der Name "Peter“ geht auf den früheren Fährpächter, Peter Lurz zurück. Er hatte die Fährstelle 1922 übernommen und mit Unterbrechungen, bis zu seinem Tod im März 1958 geführt hatte. Seine Querseilfähre am Grundseil, wurde vom WSA im Dezember 1957 außer Dienst gestellt. Daraufhin übernahm sein Sohn, Heinz Lurz, den Fährbetrieb mit eine Personenfähre, da ihm ein staatlicher Zuschuss für eine Autofähre versagt wurde.                                                                                                              Quelle: B, D5, D4, E4, Schäfer

Aber das soll noch nicht ihr Ende sein, denn Herr Schäfer verkaufte sie als Arbeitsfähre an den Bauunternehmer Ernst Josef Nonn aus Brohl - Lützing. Dieser brauchte die "Fritz Köhler“ zum Transport von Baumaterialien und Baufahrzeugen zum Kloster "St. Clemens“ auf der Insel Nonnenwerth bei Remagen.


Zeitraum nach 1984:
Nach derzeitigem Recherchestand, wurde die "Fritz Köhler“ über Rotterdam auf einem Hochseefrachter nach Nassau auf den Bahamas verbracht. Dort wurde Sie vermutlich als Behelfsfähre zischen Nassau und Paradise Island, einer kleinen New Providence vorgelagerten Insel eingesetzt. Es gab dort zwar auch eine Autobrücke, die 1967 gebaute Atlanis (Atlantis Bridge), die Nassau mit Paradise Island verbindet, aber die war wohl nicht ausreichend genug. Dezember 1998 war dann die zweite Brücke, die Island Bridge fertig gestellt und die "Fritz Köhler“ mal wieder überflüssig. Vermutlich wurde sie von nun an wieder als Baufähre für arbeiten auf Rose Island eingesetzt: Rose Island ist ebenfalls eine kleine Insel in den Bahamas und liegt ca. 80km von New Providence (Nassau) entfernt. Auf der Insel soll ein Jachthafen und viele Villen entstehen. Die ersten Bauarbeiten dazu müssen wohl um das Jahr 2000 begonnen haben, wurden aber unterbrochen und erst 2008 wieder aufgenommen. Von wann bis wann sie dort als Baufähre eingesetzt wurde und ob sie heute noch dort als Wrack vorhanden ist, lies sich bisher noch nicht eindeutig klären: Nach derzeitigem Ermittlungsstand und verschiedenen Aussagen, scheint es so zu sein, das sie wohl im Bereich des "Donut“ von Rose Island (ein kleiner Ringförmiger Kanal auf Rose Island) oder aber vor Athol Island gesunken. Athol Island liegt zwischen New Providence, Paradise Island und Rose Island, so das anzunehmen ist, das die ehemalige "Finte“ vielleicht auf dem Rückweg von "Rose Island“ gesunken sein könnte. Weitere Nachforschungen dazu sind angestoßen, blieben aber bisher erfolglos.


Kripp und der Künstler Matare


von Willy Weis & Hildegard Funk


Die Kripper nahmen es mit der Trauer ihrer Helden sehr ernst....“


Das Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges der Kripper Lederfabrik befindet sich seit Mitte Oktober 2014 auf dem Ehrenfriedhof des Kripper Friedhofes und wurde offiziell Ende Januar im Beisein des Kripper Ortsvorstehers Heinz-Peter Hammer von den Leihgebern Willy Weis und Hildegard Funk an Bürgermeister Herbert Georgi übergeben. Es stand bis Ende 2012 auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Kripper Lederfabrik in unmittelbarer Nähe des an der Ecke Quellenstraße/ Römerstraße befindlichen Bürogebäudes, dass um 1922 durch die renommierte Kölner Architekten-persönlichkeit und dem Gründungsmitglied des „Block Kölner Baukünstler “ Fritz Fuss (*1889 +1945 suicid) konzipiert wurde.


Restauriert 2015 vom Verfasser

Geschaffen wurde es um 1921-22 von dem damaligen jungen Künstler namens Ewald Mataré, den die damalige Existenznot Ende des Ersten Weltkrieges nach Kripp verschlug und der später als begnadeter Künstler und Professor der Düsseldorfer Künstlerakademie zu Weltruhm gelangte.

Ehrenmal Kripper Lederfabrik

Im Auftrag der Grafenfamilie Taveggi als Besitzer der Kripper Lederfabrik schuf Matarè auf dem Werksgelände für die Gefallenen der Lederfabrik um 1921/22 ein pyramidenförmiges Ehrenmal, bestehend aus zwei übereinander gelegten konischen Tuffsteinblöcken, das sich bis 2012 auf dem Fabrikgelände befand.

Text Vorderseite

+

WANN

GOTT WILL

SO IST MEIN ZIEL


Text Rückseite

1914

1918

VON DEN

ANGESTELLTEN

DER K R I P P E R

L E D E R F A B R I K

STARBEN DEN

H E L D E N T O D


W. HAMMER · B. BLANK

J. MERSCHER · C. MÜLLER

A. TEMPEL · P. TEMPEL

J. TEMPEL · A. KARRACH · C. BROCK


Hinsichtlich der Dokumentation dieses Denkmals besteht laut Rücksprache mit der Kuratorin des Mataré Museum in Kleve lediglich nur der nachfolgende Vermerk:

Ehrenmal Lederfabrik

Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges , um 1921 Gedenkstein in Form einer vierseitigen Pyramide, im Auftrag der Kripper Lederwarenfabrik als Gedenkstein auf dem Werksgelände errichtet.

Auf der Vorderseite die Inschrift: „1914-1918 / von den Angestellten der / Kripper Lederwarenfabrik / starben den Heldentod +“ mit Namen der Gefallenen. 1)

Mataré erwähnte diese Arbeit in seinem Tagebuch nicht; leider sind auch bei der Firma keine Unterlagen über den Auftrag erhalten. Der Gedenkstein hat die Form einer vierseitigen Pyramide, auf deren Vorderseite die Namen der Toten eingemeißelt sind. Die Pyramide ist eine der beliebtesten Denkmalsformen. Ursprünglich von den antiken ägyptischen Grabbauten hergeleitet, verbreiteten sie sich seit dem Zeitalter des Barock in Europa als öffentliches Denkmal und – seit dem 19. Jahrhundert auch als Kriegerdenkmal.“ 2)

              

Nach dem Niedergang der Kripper Lederfabrik 2006 stand das marode und stark verwitterte Ehrenmal nicht im Einklang mit den zukünftigen Planungsideen des neuen Eigentümers und wurde nach dem Abriss den Verfassern übereignet, die nun nach Abschluss umfangreicher und aufwändiger Renovierungsarbeiten das über 4t schwere hiesige Kulturgut wieder der Allgemeinheit andern Orts als Leihgabe der Gemeinde zur Verfügung stellten.

Als neuer würdiger Standort für dieses Kultmal wurde mit einvernehmlicher Zustimmung des politischen Gremiums des Ortsbeirates auf dem hiesigen Ehrenfriedhof, ein Platz vis a vis dem vom gleichen Künstler 1919 geschaffenen Ehrenmales, dass nunmehr an die Gefallenen beider Weltkriege erinnert, gewählt.

Als Werkstoff für sein zu schaffendes Ehrenmal wählte der junge Künstler den Tuffstein (lat.=tofus), ein regionales Weichgestein als Auswurfprodukt des Eifelvulkanismus.

Dieses für Steinhauerarbeiten auf Grund vulkanischer Gaseinschlüsse gerne verwendete poröse Steinmaterial „Tuff“ besteht petrographisch gesehen aus verfestigten pyroklastischen Ablagerungen vulkanischer Asche aller Korngrößen und wird von den Bildhauern gerne zu Skulpturen bearbeitet.


Wer war der Künstler Ewald Mataré?

Ewald Wilhelm Hubert Matarè wurde am 25. Januar 1887 als jüngster von drei Söhnen der Eheleute Franz Joseph Mataré und Elisabeth, geb. Dohlen in Aachen-Burtscheid geboren. Die seit 1798 in Aachen ansässige Familie stammt ursprünglich aus der katholischen Hafenstadt Materò bei Barcelona und gelangte unter Karl V. in die katholischen südlichen Niederlande, wo sie sich laut Eintragungen in den Kirchenbüchern von Bardenberg seit Ende des 17. Jahrhunderts in dem Grenzort als Bauern, Gastwirte und Baumeister niederließen.

Sein künstlerischer Anfang begann für den schulisch wenig aufgeschlossenen, jedoch zur Förderung seiner künstlerisch Neigung talentierten Ewald Wilhelm Hubert MATARÈ bereits mit 18 Jahren als Privatschüler bei Bildhauer Prof. Karl Kraus, Dozent für Modellieren Bossieren an der TH-Aachen mit weiteren Ausbildungsstationen bei den Kunstmalern Eugen Klinkenberg sowie Prof. J. Ehrentraut an der Berliner Akademie der Bildenden Künste.

Nach der Auszeichnung mit der Silbernen Medaille der Akademie als Schüler von Lovis Corinth und 1915 als Meisterschüler beim Historienmaler Arthur Kampf erhielt er mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges seinen Stellungsbefehl, wurde 1916 jedoch als „unbrauchbar“ aus der Armee entlassen.

1917 wandte er sich der ihm damals von der Militärpolizei verbotenen Freilichtmalerei zu und schloss sich 1918 als Mitglied der „Novembergruppe“, einer revolutionären Künstlergruppe in Berlin, die den radikalen Expressionismus vertraten, an.



Matare Freilichtmalerei in Kripp auf dem Sandweg in Rheinnähe.

Ein damaliger nachvollziehbarer Aktionismus vieler Künstler und Intellektueller während der unmittelbaren Nachkriegszeit. Als politischer Außenseiter registriert, wurden ihm zwangsläufig staatlicherseits alle bezuschussten öffentlichen Aufträge vorenthalten, wodurch er in eine lebensbedrohliche Existenznot geriet.

In seiner misslichen Lage erinnerte er sich an seinen alten Freund aus der Jugendzeit, den Architekten und Planer des Kripper Mausoleums Karl Schmitz, der in Aachen ein gleichklassiger Schulkamerad seines Bruders Josef war und in Kripp weilte. Es ist überliefert, dass der Architekt Karl Schmitz (1881-1952) in Aachen später ein wichtiger Förderer von Mataré wurde. 3)


Sein Wirken in Kripp

Durch ihn gelangte Mataré in den noblen Kreis des Grafen Taveggi sowie einiger finanziell Unabhängigen von Kripp, wie u.a. Kurt Schmitz, Wegner, Nagel, etc.. In diesem Kreis konnte er seine existenzbedrohende Lage infolge vieler privater Kleinaufträge sowie Aufträge der Kirchengemeinde überbrücken.

Im Auftrag der Gemeinde Kripp entwarf und gestaltete er u.a. 1919 das Ehrenmal für die Gefallenen des Ortes auf dem hiesigen Friedhof. 4) Mehrere Arbeiten von Matare in Kripp sind nachvollziehbar, und mehrere noch zu vermuten. Die Nachweise stammen teils aus mündlichen Überlieferungen von Zeitzeugen oder aus Tagebucheintragungen des Künstlers selbst.


    1.) Ehrenmal für die Gefallenen von Kripp um 1919 (Friedhof)

    2.) Ehrenmal für die Gefallenen des 1. WK der Kripper Lederfabrik um 1921/22

    3.) Gedenktafel für die im ersten Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder in der Pfarrkirche

    St. Johannes Nepomuk (Eine Stiftung des Kripper Saftfabrikanten E.Nagel) 1919-1920

    4.) Ausmalung der Kirche mit dem Kripper Kunstmaler Felix Lüttgen

    5.) Ausmalung der Hochwasser-Notkapelle mit Felix Lüttgen, dsgl. Gemälde
    6) Zwei steinerne Löwen vor dem Mausoleum (Zeitzeuge: Michael Schumacher +, Kripp)

Im Tagebuch von Ewald Mataré ist unter dem 18. Januar 1920 nachzulesen:

Aufträge nach Kripp a. Rhein rissen mich aus allem heraus. Hier in Kripp herrliche Verpflegung im Hause von K. Schmitz, wo die Offiziersmesse eingerichtet ist. Malte ein Portrait eines Kriegsgewinnlers, saumäßig. Dann noch Frau Schmitz. Baute einen Pavillon im Park von Grebe. (Anmerkung: Grebe war ein Fabrikant in Kripp am Rhein; der Pavillon wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört).
"Tische und Stühle zeichnete ich. Für die Pfarrkirche dort 
einen Kriegsgedenkstein und nun die Entwürfe für die Ausmalung der Kirche. Ich war der glücklichste Mensch. Der Verdienst war nicht groß, aber der Gedanke war herrlich, doch lehnte man schließlich meine genauen Entwürfe ab, und um überhaupt etwas zu machen , machte ich neue Entwürfe, lustlos und voller Konzessionen, das wurde dann ausgeführt, und ich schäme mich dieser Arbeit, die oberflächlich von mit ganz ohne Stimmung gemacht wurde, man hatte mich eben kaputtgemacht. Nie mehr für diese Leute arbeiten, war meine feste Überzeugung, und das das einzige Wesentliche, was ich dabei profitierte.“ 5)

Seine Kripper Mäzene bereiteten dem jungen eigenwilligen Künstler jedoch einigen Verdruss. Fast wiederholend bemängelte er in seinen Tagebuchaufzeichnungen deren naiven Kunstverstand, in dem er mit Vorgaben seiner Kripper Auftraggebern in seinen Ausführungen dermaßen bevormundet und eingeengt wurde, dass er keine Entfaltung seiner künstlerischen Tätigkeit mehr sah und seine Arbeiten fast lustlos zu Ende brachte. Je krampfhafter er versuchte, sich an die naiven Vorgaben seiner Auftraggeber zu halten, desto größer wurde sein künstlerischer Widerwillen.


Löwenskulptur von Matare auf dem Kripper Friedhof 

Er sei zwar „tätig gewesen, aber eigentlich künstlerisch nicht so richtig zur Entfaltung kam, da jeder ihm, weil er Auftraggeber war, ihm dareinredete und er des Geldes wegen nichts unternehmen bzw. seine Arbeit beenden konnte.“ bzw. sich durch Bevormundungen des Kirchenvorstandes nicht nach seiner eigentlichen Art entfalten konnte. Auf Grund seiner damaligen prekären Lebenslage obsiegten sie jedoch letztendlich über seinen Kunstverstands.

Kriegerdenkmal der Kripper Gefallenen

1919 schuf er das auf dem Friedhof befindliche Ehrenmal für die Gefallenen des 1.Weltkrieges mit dem Hinweis in seinem Tagebuch: „Die Kripper nahmen es mit der Trauer ihrer Helden sehr ernst, indem sie kurz nach dem Ende des 1. Weltkrieges, notabene (wohlgemerkt), noch während der alliierten Besatzungszeit zu deren Gedenken auf dem Friedhof ein Ehrenmal für die Gefallenen Söhne des Ortes errichteten“, dass fast identisch mit dem heutigen abgeänderten Ehrenmal für beide Weltkriege ist.

Die Genehmigung für diese Arbeit der Heldenbekennung, zur damaligen Zeit während der alliierten Besatzungszeit fast eine Provokation darstellend, dürfte Mataré vermutlich dem guten Einvernehmen des hiesigen Grafen Taveggi mit hohen US-Besatzungsoffizieren, unter anderem Brigade-General George C.Marshall (Initiator des Marshallplanes) zu verdanken haben, der als Gast in der gräflichen Villa logierte.  


Eintrag vom 15.Juni 1919 des US-Brigade-Generals G.C. Marshall im Gästebuch des Grafen Taveggi in Kripp, Batterieweg.

Das marode Ehrenmal wurde nach 1950 neu stabilisiert und die Frontflächen entsprechend der neuen Symbolik für beide Weltkriege geschaffen. Initiator war der damalige von den Alliierten eingesetzte Ortsvorsteher Dannemann.

Im Zuge des Baues der neuen Friedhofskapelle 1994 wurde das an dortiger Stelle einst befindliche Ehrenmal an die heutige Stelle auf dem Ehrenfriedhof versetzt.


Gedenktafel (Ritterplatte)

Zwischen 1919-1920 schuf Matarè für die hiesigen Gefallenen des Ersten Weltkrieges die Ritterplatte, laut Werkverzeichnis die Ritterlichkeit darstellend mit darunter liegender Namenstafel. Dieser Gedenkstein befindet sich im Eingangsbereich der katholischen Pfarrkirche rechts. 

Diese Bildtafel, eine dunkelbraune, bemalte Sandsteinplatte, in den Maßen von 140 x 60 x 8 cm und einer Namensplatte gleichen Materials von 40 x 60 x 8 cm wird im Werkverzeichnis von Sabine Maja Schilling, Nr. 2 wie folgt beschrieben:

Gedenktafel für die im ersten Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder in der Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk. Stiftung des Kripper Saftfabrikanten Karl E. Nagel, dessen Name auf einer Inschrift auf dem Stein erwähnt wird.“

(Vermerk der Verfasser: Inschrift heute nicht mehr ersichtlich, wurde vermutlich entfernt.)

Auf einer bräunlichen Sandsteinplatte sind mit dunkelbrauner Farbe die Umrisse eines Ritters aufgezeichnet. Er trägt einen Harnisch und hat seinen Helm zwischen seinen Füssen abgelegt. Seine Hände sind betend aneinandergelegt. Sein Schwert auf den Oberarmen. Hinter ihm steht ein Knochenmann, der ein Leichentuch ausbreitet, um den Ritter darin einzuhüllen. Mataré nahm hier das im späten Mittelalter entstandene Bildthema des Totentanzes auf, in dem der Tod die Vertreter verschiedener Stände der Gesellschaft zum Tanz aufführt. Die häufig als Fresken in Kirchen dargestellten Totentänze entstanden unter dem Eindruck des Massensterbens während den Pestepidemien. Nach dem Ersten Weltkrieg griffen die Künstler wieder auf dieses alte Thema zurück, um den verheerenden Eindruck des Massensterbens ihrer Zeit zu verarbeiten. Druckgraphische Serien boten sich für die neuen Totentänze an, wie sie die Künstler, wie z.B. Ernst Barlach und Alfred Kubin, gestalteten. Auch Matare´s Kripper Totentafel ist in diesem Zusammenhang zu verstehen“. 6)



Kirchenausmalung

Gemeinsam mit seinem Freund und Kripper Kunstmaler Felix Lüttgen schuf er danach über den beiden Seitenaltären der Kath. Pfarrkirche St.Johannes Nepomuk zwei größere Gemälde der Hl. Familie. Zeitzeugen zufolge fielen bei den Figuren die überproportional wirkenden Hände auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand der etwas eigenwillige Maler auf Übertünchen dieser Altargemälde, weil die Josefsfigur zur sehr Hindenburg gleiche. 7)



Ausmalung der Hochwassernotkapelle

Des weiteren dürfte er sich gemeinsam mit Felix Lüttgen an der Ausmalung der Hochwassernotkapelle beteiligt haben, weil Lüttgen infolge der Kriegseinberufung die bereits in blau mit gelben Sternen angefangene Kapellendecke als Himmel nicht vollenden konnte. Es ist mündlich überliefert, dass diese nach Kriegsende gemeinsam von beiden Künstlern künstlerisch vollendet wurde.8)

Einem Zeitungsbericht von 1977 entnahmen wir, dass „innen wie außen an der Kapelle wertvolle Gemälde sind, die aber stark in Mitleidenschaft gezogen waren, so dass man fast von einer Vernichtung sprechen konnte“und aus Kostengründen nicht mehr restauriert und somit einfach übertüncht wurden. „Alleine 7.000 DM soll ihre Restaurierung kosten“ 9)

Des weiteren könnte das außen über der Eingangstür der Hochwassernotkapelle befindliche Rundgemälde der Hl. Familie von über 2 m Durchmesser, dessen Restaurierung 1995 anlässlich des 150 jährigen Bestehens der Kapelle durch den Verfasser erfolgte, ebenfalls wie die Wandgemälde als eine Gemeinschafts-arbeit der Kunstmaler Lüttgen und Mataré zugeschrieben werden.

Diese Vermutung wurde, wie beim Altarbild in der Pfarrkirche wiederum durch die auffallend überproportional wirkende Hände erhärtet, die bei der Restaurierung durch den Verfasser 1995 leicht verkleinert wurden.

Der Überlieferung nach wäre jedoch mit Sicherheit auch Felix Lüttgen daran beteiligt gewesen. Für diese Vermutung konnten aber ebenfalls keine gesicherten Nachweise, außer dem Hinweis aus dem Zeitungsbericht von 1977 und der Aussage des Zeitzeugen Michael Schumacher gefunden werden. 
Deprimiert über die Kriegsauswirkungen floh Matarè 1944 aus dem Düsseldorfer Raum nach Kripp und später in das Kloster Eberbach. Seinem Tagebuch zufolge kurte seine Ehefrau im hiesigen Sanatorium Dr. Dr. Karsten. Während dieser Zeit logierte er in der damaligen Villa Anker, heute Haus Rheinallee 34.


Villa Anker, heute Haus Rheinallee 34

Hierzu Tagebuchauszug-Seite 117: „Kripp am Rhein, 2.Juni 1944.

Ich wollte den Sommer wieder in Kloster Eberbach verbringen, leider war das Zimmer nicht frei, und da man zur Zeit ohne rechte Beziehungen nirgendwo Unterkunft bekommen kann (überall sind Fliegergeschädigte), so wusste ich gar nicht, wohin ich mich wenden sollte. Hanna war hier in Kripp in einem Kurheim von Dr. Karsten, also niemand zu Hause, der mich versorgen konnte, dazu die dringende Absicht, mich von dort auch wenigstens für kurz zu entfernen, um endlich wieder einmal ganz ohne Alarm zu sein, und der Gefahr des Bombenabwurfs einmal aus dem nahen Weg zu gehen....( )...Ich habe nun hier in Kripp ein Zimmer in der Villa Anker direkt am Rhein noch gefunden, aber nun ist die Sorge, warmes Essen zu bekommen, denn die Wirtschaften haben so viel Sorge um das Heranschaffen der Lebensmittel, so dass sie niemand mehr gerne aufnehmen, und da auch mit dem einzunehmenden Geld fast nichts mehr zu kaufen ist, so ist ihre Anteilnahme an neu Eintretenden in die Gaststube recht gering, ja man steht mit der Tasche voll Geld wie ein Bettler da und harrt der Milde des Wirtes“.

Seine Rückkehr an die Düsseldorfer Kunstakademie erfolgte 1945, nachdem er dort 1933 von den Nazis kurz nach seiner angetragenen Professur als „entarteter Künstler“ von seinem Lehrauftrag befreit wurde. Unmittelbar nach der Nachkriegszeit erkannte man Mataré als überragende künstlerische Persönlichkeit unter den rheinisch und westfälischen Bildhauern an und widmete ihm mehrere große Ausstellungen. Infolge zahlreicher Werke, wie u.a. das Relief an vier Türen des Südportals des Kölner Doms sowie die Türen der Weltfriedenskirche in Hiroshima, erlangte er als großer begnadeter Künstler Weltruhm.Durch seine leitende Tätigkeit an der Düsseldorfer Kunstakademie übte er großen Einfluss auf eine ganze Generation von Künstler aus. Nicht zuletzt auf seine bedeutenden Schüler Josef Beuys und Erwin Heerich.


Professor Ewald Mataré (*1887-1965+) , einer der herausragendsten Künstlerpersönlichkeiten des Rheinlandes im 20. Jahrhundert und einer der wichtigsten Protagonisten der Klassischen Moderne in Deutschland, verstarb am 29. März 1965 in Büderich an einer Lungenembolie.

In seiner rastlosen Schaffenszeit hat er mit seinem künstlerischen Oeuvre unzählige Werke hinterlassen, die heute in der Kunstwelt begehrt sind.

Kripp ist in der glücklichen Lage, einige seiner Werke zu besitzen.

Der Kripper Feuerwehr und dem Bauhof der Stadt Remagen sei für ihre Hilfeleistung bei der Umsetzung der Pyramide gedankt.

Quellen:

1) Werkverzeichnis von Sabine Maja Schilling, Nr.3 ,Museum Kurhaus Kleve,
Haus B.C.Koekoek

2) Inge Zacher, Ewald Mataré zwischen den Weltkriegen, in Ewald Mataré.
Der „Tote Krieger“ in

Kleve, Hrsg. Vom Städtischen Museum Haus Koekoek und dem
Stadtmuseum Düsseldorf,

Kleve, 1985, S. 13

3) Ewald Matarè -Namensgeber unserer Schule- Gemeinschaftsarbeit des
Matarè Gymnasium

Meerbusch (Vita)

4) Goldenes Buch der Stifter der Pfarrgemeinde Kripp)

5) Ewald Matare´, Tagebücher, J. Hegner Verlag Köln, 1974, S.24, 18.Januar
1920

6) Inge Zacher, Ewald Matare´zwischen den Weltkriegen, in: Ewald Matare´.
Der „Tote Krieger“

Kleve, Hrsg. Vom Städtischen Museum Haus Koekkoek und dem
Stadtmuseum Düsseldorf,

Kleve, 1985, S. 9-13)

7) Zeitzeugen: Herbert Sieberz, Michael Schumacher +, Kripp 8) Zeitzeugen: Michael Schumacher+, Franz Breuer +, Kripp 9) ZA: General-Anzeiger 13.10.1977 „Kripper sagten Mark für Mark „Ja“ Restaurierung

Literatur: Bildhauer sehen den Ersten Weltkrieg, Bildhauermuseum.de, Seite 157-163 von Ron Manheim, 2014 Tagebuchaufzeichnungen Ewald Matarè, Tagebücher, J. Hegner Verlag Köln, 1974 Ewald Matarè, Aquarelle 1920-1956, Schirmer/Mosel, München 1983



Die jüdische Familie Scharf


von Horst Krebs


Ergebnisse der Recherche über die jüdische Familie Ignatz Scharf, der von 1909 bis 1924 Technischer Leiter in der Lederfabrik in Kripp war.


In die Recherche eingebunden war Willy Weis aus Kripp, mit dessen Hilfe ein Gesamtbild zustande kam.


Ignatz Scharf: *10.07.1875 Pistagowice, CSSR, um 1900 in Hoboken New York, um 1909 in Kripp Lederfabrik, um 1924 bis 1933 Lederfabrik in Köln, anschließend in Friedrichsdorf/Hessen und dort Arbeit als Ledertechniker in den Friedrichsdorfer Lederwerken, 1937 Ausreise in die USA ohne Genehmigung.


Gisela Scharf: Ehefrau, geb. Berger, *1879 in Schierza, CSSR, 1903 in Hoboken New York, 1905 nochmals in Hoboken New York, um 1909 in Kripp, um 1924 in Köln, anschließend in Friedrichsdorf, 1937 Ausreise in die USA.


Adolf Scharf: Sohn, *26.11.1900 in Ostrau, 1903 in Hoboken New York, 1905 nochmals in Hoboken New York, um 1909 in Kripp, 1935 Praxiseröffnung in Weibern, 1939 Wohnsitz Sinzig und Ausreise USA. +1976 in New York


Richard Scharf: Sohn, *09.09.1906 in Hoboken New York, um 1909 in Kripp, dort Vermerk Schulbesuch 1909-1924. In der Zeit vor 1924 hatte er sein Handwerk in der Kripper Lederfabrik erlernt. Von 1924 bis 1933 Lederfabrik in Köln, anschließend in Friedrichsdorf/Hessen und dort Arbeit als Ledertechniker in den Friedrichsdorfer Lederwerken. 1937 Reise in die USA mit Rückkehr im gleichen Jahr und Auswanderung nach Amerika um 1938. 1941 in der ameri-kanischen Armee. Gestorben 24.März 1991 in Florida County Pasco.


Irene Scharf: Tochter, *Januar 1903 in Ostrau, 1903 in Hoboken New York, 1905 nochmals in Hoboken New York, nach 1905 als Kind in Amerika verstorben.


Ignatz Scharf , geboren 10.07.1875 lernte sein Handwerk des Lederverarbeiters in den Lederwerken von Mährisch Ostrau. Er heiratete vor 1900 Gisela Berger, die 1879 geboren wurde. Beide waren jüdischer Herkunft. Die Scharfs hatte 3 Kinder, Adolph geboren in Ostrau, Irene geboren in Ostrau und Richard, geboren in Hoboken/New York.


Im Jahre um 1902 verließ Ignatz Scharf Ostrau und fuhr über England nach Amerika mit Beruf „Ledertechniker“. Seine Familie blieb erst mal in Ostrau.


Am 22. Oktober 1903 erreichte Gisela Scharf mit ihrem 3-jährigen Sohn Adolph und ihrer 10 Monate alten Tochter Irene den Hafen von New York. Sie besuchte dort ihren Ehemann Ignatz, der in New York bei einer Familie S.Neiger, 225 East, 7th street wohnte, dies sind ca. 5 Meilen entfernt von der Lederfabrik in Hoboken, in der Ignatz Scharf eine Anstellung fand. Diese Lederfabrik in New York gehörte einem Clemens Heitemeyer, der später 1910 in Kripp verstarb und dort auf dem Friedhof in Kripp seine letzte Ruhestätte fand.

Die Nationalität aller 4 Scharf´s zu diesem Zeitpunkt war Österreich und alle drei waren hebräischer Rasse. Als Wohnsitz 1903 ist angegeben „Ostrau“. Das Dampfschiff nach Amerika war die „Neckar“ und fuhr am 10.Oktober 1903 ab Bremen nach New York. Ignatz Scharf kannte also die Familie neiger aus Österreich. Ich erinnere hier an Gisela Scharf, die ihren Mann 1903 und 1905 in New York besuchte und bei ihr und den Kindern war auf der Passagierliste die Nationalität mit „Österreich“ angegeben. (siehe die Passagierlisten auf einer der folgenden Seiten). Familie Neiger, auch hebräisch, und Familie Scharf kannten sich also aus Österreich oder aus Ostrau.

Am 4.November 1905 wurde wieder eine Reise von den vier Scharf´s unter-nommen, um den Vater und Ehemann Ignatz zu besuchen. Der Besuch des Vaters als „Besuch“ ist ausdrücklich auf der Passagierliste vermerkt. Die Ankunft des Dampfers „Bremen“ von Bremen war in New York am 14.11.1905. Auf der Passagierliste war wieder „Ostrau“ als Wohnsitz angegeben, und das Reiseziel in Amerika war mit „Hoboken“ angegeben, einem Stadtteil von New York, direkt am Hudson. Es wurde 1905 bei der Immigrationsbehörde vermerkt, dass der letzte Aufenthalt der drei Scharf´s in Amerika 1903 in Hoboken war. So könnte es denn gewesen sein, dass Ignatz 1903 auch in Hoboken schon wohnte und nicht mehr bei Familie Neiger in 225 East in New York. Ignatz Scharf hatte 1903 auf der Passagierliste zwar Familie Neiger als Postadresse angegeben, vielleicht war dann hier der zeitliche Übergang, wo er in Hoboken wohnhaft wurde.

Im Jahre 1906 wurde Sohn Richard am Wohnort in Hoboken geboren. Tochter Irene verstarb als Kind nach 1905. Im Jahre 1909 kam dann die gesamte Familie nach Kripp, wo Vater Ignatz eine Anstellung als Technischer Leiter in der Lederfabrik Kripp fand. Eine Anstellung, die der gleiche Mann in Kripp vornahm wie vor Jahren in Hoboken, Clemens Heitemeyer, Besitzer der größten Lederfabrik der Welt in Hoboken/New York.

Im Jahre 1909, wo Clemens Heitemeyer stets pendelte zwischen Kripp und Hoboken, kam nun Heitemeyer endgültig nach Kripp, wo er 1910 starb.


Von 1909 bis 1924 arbeitete Ignatz Scharf in der Kripper Lederfabrik als vorstehender Ledertechniker. Zuerst wohnte er mit seiner Familie im Sandweg 8, später bekam er eine Wohnung in einem Haus in der Voßstraße, dessen Eigentümer damals die Kripper Lederfabrik war. Zeitweise arbeitete auch sein Sohn Richard in der Kripper Lederfabrik und lernte dort den Beruf des Ledertechnikers.

Ignatz und sein Sohn Richard arbeiteten von 1924 bis 1933 beide in einer Lederfabrik in Köln. Der Name dieses Lederwerkes war A.Cahen-Leuddesdorff & Co. Diese Lederfabrik stand unter jüdischer Leitung in Mühlheim. 1921/22 gab es einen Standortwechsel nach Köln Buchheim unter dem neuen Namen ACLA. Im „3.Reich“ nahmen die Nazis Einfluss auf die Fabrik ACLA und die mitglieder der Familie Cahen wurden aus dem Vorstand gedrängt. Seit 1932 war Karl Fees Vorstandsmitglied und 1933 wurde der Name Cahen-Leutesdorff aus dem Firmennamen gestrichen.

Die Lederfabrik Köln Buchheim im Jahre 1922. Das Gebäude steht inzwischen unter Denkmalschutz. Dieser Standort ist heute noch Hauptsitz der Firma und hier in dieser Lederfabrik haben Ignatz und Richard Scharf von 1924-1933 gearbeitet In dieser Zeit schloss Richard auch sein Studium auf der Uni Köln ab. Seit 1926 firmiert die Firma nach den Anfangsbuchstaben des Firmengründers A.Cahen unter dem Namen ACLA.

1933 zogen die Scharf´s nach Hessen in den Ort Friedrichsdorf. Sohn Adolph blieb zurück und hatte später eine Arztpraxis in Weibern. In Friedrichsdorf wurde Ignatz Scharf der Technische Leiter der dortigen Lederwerke. Auch sein Sohn Richard arbeitete in diesen Lederwerken als Ledertechniker. 1937 wurde Ignatz Scharf im Alter von 62 Jahren seiner anstellung in den Friedrichsdorfer Lederwerken gekündigt. Die Gründe waren politisch. 1937 immigrierten Gisela und Ignatz Scharf nach amerika, vermutlich im Masi 1937. Im Juni 1937 besuchte Richard seine Eltern in New York, kam aber im September 1937 wieder zurück. Im Januar 1938 immigrierte Richard Scharf nach Havannah/ Kuba und gelangte von dort nach New York. Er verstarb am 24. März 1991 in Florida, County Pasco. Sohn Adolph gelang die Flucht 1939 von Sinzig aus über Havannah/Kuba nach New York. Er verstarb 1976 in New York und hatte dort bis zu seinem Tode eine Arztpraxis. In New York wohnte Adolph im Stadtteil Bronx und Richard im Stadtteil Kings.

Die Ehefrau von Adolph Scharf, Frau Gerta Scharf geb.Hirsch kam am 11.02.1905 in Sinzig auf die Welt. Sie war die Tochter von Karl Hirsch, der 1938 verstarb. Gerta Scharf verstarb am 16.12.1994 in New York.

1935 war die Praxiseröffnung von Adfolf Scharf in Weibern, einem Ort nicht weit von Sinzig. Im Jahre 1939 erfolgte die Ausreise von Adolf Scharf mit seiner Gattin Gerta. Dabei war auch der Bruder von Gerta Scharf, namens Walter, sowie die Mutter Jenny, die beide ein Jahr in Kuba warten mussten, bis sie die Weiterfahrt nach New York antreten konnten. Die Ausreise von Sinzig nach Kuba erfolgte zum Einreisehafen Havannah. Nach kurzem Aufenthalt dort konnte Greta weiterreisen nach New York. Adolf bekam sein Schiff erst zum Mai 1940, und er hatte Glück, diese Schiffsfahrt war die letzte, die stattfand, wegen den Kriegswirren. Adolph Scharf war ja praktischer Arzt im Eifeldorf Weibern gewesen, wohnhaft war er in Kempenich, und ein jahr vor der Ausreise zog er nach Sinzig. Auf seinem Schiffsticket von Havannah nach New York stand als Berufsbezeichnung „Physiker“. Der Grund mag darin liegen, dass bestimmte Berufsgruppen eher die Chancen auf eine Ausreise nach Amerika bekommen haben.


Gerta Scharf und Adolf Scharf waren 1946 wohnhaft in 1105 Elder Avenue, Bronx, New York. Gerta Scharf bekam ihre Einbürgerung am 6.Mai 1946, ihr Ehemann Adolf am 7.1.1946. Das Zertifikat der Einbürgerung ist in meinem Archiv, versehen mit beider Unterschrift. Adolph verstarb 1976 und Gerta Scharf 1994. Nach 1951 wohnten beide nicht mehr in der Bronx. Sie wohnten in einem Appartment Haus in 11 Riverside Dr Apt 6jw, NY Nähe Hudson River.


Das Buch „Knoblauch und Weihrauch“ von Rudolf Menacher erzählt von den Juden und Christen im Nachbarort Sinzig von 1914 bis 1992. Knoblauch ist die Bezeichnung für die Juden und Weihrauch die Bezeichnung für die Christen. In diesem empfehlenswerten Buch ist viel geschrieben über die mehr als 40 Familien, mehrheitlich über die Familien Friesem, Meyer, Moses und Hirsch. Die Familie Scharf, hier mit Adolph und seiner Frau Gerta Hirsch, wird in dem Buch von Rudolf Menacher auch erwähnt. Ich habe die unten stehenden Text-passagen über die Familie Scharf aus seinem Buch herausgesucht und unten angegeben:


Seite 36: Hier geht es um die Vorbeter in der Synagoge Sinzig, wo die Gebete in hebräischer Sprache waren „Leo Friesem lernte es schließlich notgedrungen, als die Alten es nicht mehr konnten. Dr. Scharf konnte es auch, sogar wun-derbar. Er machte die Feiertage“ (Angaben Zeitzeuge)


Seite 50: Ihre Mutter, eine Freundin und Gerta Hirsch stürzten sich verkleidet in das närrische Treiben. Einmal trat Gerta Hirsch verkleidet in das Haus, wo die anderen schon auf sie warteten. Da sagte die Freundin zu ihr:“Du hast ein Gesicht wie eine Jüd.“ Darauf brach Gerta in schallendes Gelächter aus: „Ich bin auch eine!“


Seite 118: Dr. Scharf, der Ehemann von Gerta Hirsch, war zusehends in seinen beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt worden. 1935 hatte er eine Praxis in Weibern eröffnet, aber die örtlichen Nazis hatten ihn bereits als Judendoktor vorgeführt. Er durfte keine Kassenpatienten behandeln.

Im Jahre 2012 setzte ich mich mit Friedrichsdorf in Hessen in Verbindung. Ich fand einen Artikel der „Stolpersteine“ in bezug zu den Juden in der Zeitung die „Frankfurter Allgemeine“. Dieser Artikel handelte von den Juden in Fried-richsdorf, und dort fand ich dann einiges Material, welche die Lebenslücken der Familie Ignatz Scharf schlossen. Ich fand dort die Dokumente, welche die Familie Scharf in Angst brachte, weil sie jüdischer Abstammung waren. Ich fand die Dokumente des Antrages auf Ausstellung eines Befreiungsscheines. Mit dem Befreiungsschein erwirkt man eine Arbeitsaufnahme ohne Erlaubnis des zuständigen Landesarbeitsamtes. Ohne einen Befreiungsschein ist eine Arbeitsaufnahme ohne Erlaubnis strafbar. Den Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines wurde von Richard Scharf am 29.August 1935 bei der Ortspolizeibehörde in Friedrichsdorf gestellt. Der Antrag wurde am 27.9.1935 von der Deutschen Arbeitszentrale abgelehnt. Für uns heute interessant ist nun das ausgefüllte Antragsformular des Befreiungsscheines. Man erkennt, dass Richard Scharf von 1909 bis 1924 bei uns in Kripp gewohnt hatte. Als Straße ist Poststrasse 5 (gemeint ist Voßstrasse 5) angegeben, dies war dann die End- adresse 1924 in Kripp. Volksschule und Gymnasium hat er in Linz besucht und dort das Abitur erlangt. Danach erhielt er dann unter seinem Vater eine Ledertechnikausbildung in der Kripper Lederfabrik. Ab 1924 wohnte Richard Scharf in Köln, Erderbergerstraße 5 und machte dort sein Studium. Er arbeitete dort bis 1933 in der dortigen Lederfabrik. Von 1933 bis 1937 wohnte er dann in Friedrichsdorf/Hessen, genau wie seine Eltern. Er und sein Vater arbeiteten dort in der Lederfabrik Vollmann&Co in Meiningen. Die Wohnadresse in Friedrichsdorf war Friedbergstrasse 1.


Das Schicksal der Kripper Familie Scharf


Am 11.Januar 2006 veröffentlichte Frau Dr. Erika Dittrich von der Historischen Gesellschaft e.V einen Bericht in der Frankfurter Rundschau mit folgendem Wortlaut:

Am 3. Mai 1937 erstattete der Friedrichsdorfer Bürgermeister einen als geheim eingestuften Bericht über Ignatz Isidor Scharf an das Landratsamt.

In der Anlage bringe ich die Nachweisung über die hier seit 1933 wohnhaften polnischen Staatsangehörigen zur Vorlage. Sämtliche hier wohnenden Polen sind Juden und zwar handelt es sich um die Familie des Ledertechnikers Ignatz Isidor Scharf. Für den Fall einer Sondermaßnahme wird eine Ausweisung der Familie Scharf befürwortet. Die verschiedenen Mitglieder der Familie machen sich durch öftere Reisen in das Ausland, vor allem in die Tschechoslowakei, dringend verdächtigt, technische Rezepte, über die der Ignatz Scharf aus seiner Tätigkeit in den hiesigen Lederwerken verfügt, oder auch Geld ins Ausland zu verschieben. Eine Postsperre und sonstige Überwachungsmaßnahmen haben jedoch keinen Anhaltspunkt ergeben. Sein Verhalten als technicher Betriebslei-ter und somit als vorgesetzter deutscher Arbeiter hat in der Belegschaft ver-schiedentlich Unruhe hervorgerufen und mit zu seiner Entlassung beigetragen.“

Die Familie Scharf flüchtete in die USA ohne sich abzumelden. Am 8. Oktober 1937 meldete sich der Sohn von Ignatz Scharf, Richard Scharf, schriftlich beim Friedrichsdorfer Bürgermeisteramt. Ein Beleg dafür, dass sich die gesamte Familie in die USA gerettet hatte:

Auf die gebührenpflichtige Verwarnung vom 17.9.37 – wegen Nichtabmeldung – möchte ich erwidern, dass ich lediglich besuchsweise nach Amerika gefahren bin und es hierfür meines Erachtens einer polizeilichen Abmeldung nicht bedurfte. Sollte meinerseits jedoch ein Versäumnis vorliegen, so bitte ich hiermit, dies gütigst entschuldigen zu wollen. Sehr ergebenst, Richard Scharf“.

Auf der nächsten Seite das Schreiben von Frau Dr. Dittrich an mich übersandt durch ihre Mitarbeiterin vom 27. April 2012.

Sehr geehrter Herr Krebs,

bezüglich Ignatz Scharf haben meine Recherchen folgendes ergeben.

Den Artikel von Frau Dr. Dittrich finden Sie auf der Seite der Historischen Gesellschaft e.V. unter folgendem Link www.historische-eschborn.de. Nach meinen Recherchen stimmt ihr Ignatz Scharf mit dem aus dem Bericht der Frau Dr. Dittrich überein. Er wurde am 10.7.1875 geboren und war mit einer Gisela, geb. Berger verheiratet. Er arbeitete hier in den Lederwerken als Techniker. Beide waren polnische Juden. Ob er in Kripp gewesen war, können wir anhand unserer Unterlagen nicht nachvollziehen. Leider haben wir aber auch nicht sehr viele Unterlagen dazu. Einmal einen Auszug aus einer Aufstellung polnischer Staatsangehöriger in Friedrichsdorf und Auszüge einer Liste von Ausländern in Friedrichsdorf.

Bei dem Sachverhalt von Richard Ignatz handelt es sich vermutlich um einen Druckfehler im Zeitungsartikel. Das Ehepaar Ignatz hatte einen Sohn namens Richard, der am 9.September 1906 in Hoboken/New York geboren wurde. Zum Zeitpunkt der fraglichen Schiffspassage war er demnach 30 Jahre alt. Zu ihm haben wir dann noch einen Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines. Auf diesem ist vermerkt, dass er von 1909 bis 1924 in Kripp zur Schule ging. Das würde sich auch mit dem Zeitpunkt decken, wann sein Vater, Ignatz Scharf, nach Ihren Recherchen in Kripp gearbeitet hatte.

Gerne kann ich Ihnen in Kopie der in der Nachricht genannten Unterlagen zusenden, ebenso eine Kopie der im Aufsatz beschriebenen Schreiben vom Friedrichsdorfer Bürgermeister über die Familie Ignatz und das Schreiben von Richard Scharf.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten. Falls sie noch weitere haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


Das Schreiben von Richard Scharf ist mit Adresse New York angegeben. Seine Eltern müssen im Mai 1937 ausgereist sein. Richard war im September 1937 für einige Wochen in New York. Zu vermuten ist, dass er bei seinen Eltern war. Die Eltern haben im Appartment 51, NY, 3100 Broadway gewohnt.

Der Bürgermeister von Friedrichsdorf hatte die Personaldaten der Scharfs vom Landratsamt angefordert. Er schnüffelte bei den Scharfs. Auf der nächsten Seite seine Korrespondenz.


Am 10.Januar 1936 schickte der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde von Friedrichsdorf dieses Schreiben an den Landrat. Darin enthalten sind die Personaldaten der Ehelaute Scharf . In der Bemerkung ist zu lesen, dass den Eheleute Scharf durch Verfügung des Regierungspräsidenten in Köln am 3.6.1934 die Deutsche Reichsangehörigkeit aberkannt wurde, und Ihnen die polnische Staatsangehörigkeit zugewiesen wurde.


Schreiben von Richard Scharf vom 8.Oktober 1937 aus New York, wo er sich beim Bürgermeister von Friedrichsdorf entschuldigte, dass er ohne Abmeldung mit dem Dampfschiff SS Deutschland mit Ankunft 29.Juli 1947 nach Amerika gefahren war. Dieses Schiffsticket hatte Richard Scharf am 13. Mai 1937 schon gekauft. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass dieser Tag auch der Abfahrtstag von seinen Eltern Ignatz und Gisela war. Richard Scharf musste aus irgendeinem Grunde wieder zurück nach Friedrichsdorf, sonst hätte er den obigen Brief nicht schreiben brauchen. Ich vermute, da seine Eltern schon seit Mai 1937 in New York waren, dass es familiäre Gründe gab, dass er im September 1937 nach Amerika fuhr. Jedenfalls kam er im Oktober 1937 wieder zurück und floh dann im Januar 1938 über Cuba nach Miami auf dem Dampfschiff „Florida“.

Antrag auf Einbürgerung Richard Scharf im April 1941. Der Antrag wurde genehmigt am 13.November 1942

Richard Scharf, geb. 9.September 1906 in Hoboken New Jersey, keine deutsche Staatsangehörigkeit, ledig, Religion israelit, Beruf Ledertechniker, Wohnort Friedrichsdorf im Taunus, Arbeitgeber Lederfabrik Vollmann&Co in Meiningen


Die Ablehnung des Befreiungsantrages des Richard Scharf von der Deutschen Arbeitszentrale in Frankfurt.

Bescheinigung Richard Scharf wohnhaft in Kripp Poststr.5 (Voßstr.5) von 1909-1924.

Die Eheleute Ignatz und Gisela Scharf hatten 3 Kinder, Adolph, Richard und Irene. Der einzige Nachweis, dass es Tochter Irene gab, ist die Passagierliste von Gisela Scharf nach New York 1903 und 1905. Die Nachweisliste oben bezeugt, dass Irene zwischen 1905 und 1909 in Amerika verstarb. Bei den Schiffsfahrten von Gisela Scharf im Jahre 1903 und 1905 nach Amerika zum Besuch ihres Mannes, war Adolph, der 1900 geboren wurde, stets auf der Passagierliste zu finden. Sohn Richard, wurde 1906 in Hoboken/New York geboren und alle 4 Scharfs kamen dann 1909 nach Kripp und blieben hier bis 1924.


Adolf Scharf

Der erste Besuch von Ehefrau Gisela Scharf mit den Kindern Adolph und Irene zu Ehemann und Vater Ignatz Scharf nach Amerika erfolgte am 10. Oktober 1903 mit dem Dampfschiff „Neckar“ von Bremen nach New York mit Ankunft 22.Oktober. Auf der Passagierliste ist die Aufenthaltsadresse vermerkt bei Familie Neiger in New York. Familie Neiger und Familie Scharf kannten sich aus Österreich, Familie Neiger waren hebräischer Abstammung.


Oben die Einträge der Passagierliste Dampfschiff „Bremen“ 1903.

Der erste Besuch von Ehefrau Gisela Scharf mit den Kindern Adolph und Irene zu Ehemann und Vater Ignatz Scharf nach Amerika erfolgte am 10. Oktober 1903 mit dem Dampfschiff „Neckar“ von Bremen nach New York mit Ankunft 22.Oktober. Auf der Passagierliste ist die Aufenthaltsadresse vermerkt bei Familie Neiger in New York. Familie Neiger und Familie Scharf kannten sich aus Österreich, Familie Neiger waren hebräischer Abstammung.


Oben die Einträge der Passagierliste Dampfschiff „Bremen“ 1905.

Ignatz Scharf, der in Hoboken eine Anstellung in der Lederfabrik von Clemens Heitemeyer fand, bekam 1909 den Auftrag von Clemens Heitemeyer, die Leder-fabrik in Kripp dort als technischer Leiter zu führen. So kamen die Scharfs dann 1909 nach Kripp und blieben dort bis  1924. Bis 1933 Aufenthalt in Köln mit dortiger Anstellung in der Kölner Lederfabrik und 1933 dann Anstellung in den Lederwerken in Friedrichsdorf/Taunus. Die Familie blieb immer zusammen. Sohn Adolph promovierte zum Arzt und war auch in Friedrichsdorf, genau so wie Sohn Richard, der in Köln ein Studium abgeschlossen hatte.

Einbürgerungskarten für Adolph und Gerta Scharf in New York

Gerta Scharf und Adolf Scharf waren 1946 wohnhaft in 1105 Elder Avenue, Bronx, New York. Gerta Scharf bekam ihre Einbürgerung am 6.Mai 1946, ihr Ehemann Adolf am 7.1.1946. Das Zertifikat der Einbürgerung ist in meinem Archiv, versehen mit beider Unterschrift. Adolf verstarb 1976 und Gerta 1994. Nach 1951 wohnte Gerta in einem anderen Teil von New York 11 Riverside Dr Apt 6jw, NY, ein Appartment Haus.

So ging ein langer Weg der Familie Scharf zu Ende, von Mährisch Ostrau nach Amerika, zurück nach Kripp in Deutschland, weiter über Köln, Friedrichsdorf im Taunus, Sinzig, dann nach Kuba, Florida und New York.



Kleine Feldpostkartengeschichte des Musketier Franz Lohmer


von Willy Weis & Hildegard Funk


Viele Eindrücke hinterließ uns der Kripper Soldat Franz Lohmer als eifriger Schreiber im Ersten Weltkrieg von der Westfront. Durch unzählige Feldpostkartenkorrespondenz kam es fast täglich zu einem kurzen handschriftlichen Informationsaustausch zwischen ihm und seinem Vater - dem Landwirt Otto Lohmer zu Kripp ª/Rhein bei Sinzig, Hauptstr.75 - über Standortverlegungen, Freud, Leid und Wünsche oder sonstiger Ortsinterna, wie das Schicksal des in Russland gefallenen Josef Gries vom Zaunweg.(Mittelstraße)

So war man an der Front über das Geschehen in der Heimat stets informiert. Umgekehrt in Kripp über das Geschehen an der Westfront. Die Frontkarten enthielten jedoch überwiegend den Wunsch über die Zusendung eines Paketes mit Butter, da man sonst das harte „Kommißbrot“ nicht essen und man mit seinem Sold im Kriegsgebiet nichts kaufen könne. Vielfach wurde der Sold in die Heimat geschickt, zur Finanzierung von Päckchen an die Front.

Besondere Freude war aus den Zeilen zu entnehmen,wenn man im Frontgebiet überraschend Jugendfreunde und Bekannte aus Kripp wiedersah, wie z.B. Michael Gries, Fritz Lohmer, August Betzing, Willi Huth oder den kleinen Nepomuk Dahm. Dann wurden voller Eifer Neuigkeiten aus der Heimat ausgetauscht, wie unter anderem, das Schäfers Josef, Bernhard und Adolf, Josef Kanisius, Johann Hammer, Wahls Louis und Wolf (von Greiners Sett der Mann) nun in Russland sind.

Eine weitere Feldpostkarte direkt von der Front gab Einblicke aus dem Kriegsgeschehen sowie den Schreibort des Absenders bekannt, wie: „Schützengraben bei Tauheré, den 19.1.1915, ….wir liegen seit vier Wochen in den Schützengräben hier, ohne uns zu waschen...“ oder eine andere Mitteilung aus den hintereinanderliegenden Schützengräben des Stellungskrieges: „...wir liegen direkt am Fluss, 10 m davon, 30 m von den Franzmänner.“

Wie aus verschiedenen Feldpostkarten ersichtlich, erlitt Bruder Peter als freiwilliger Kriegsteilnehmer der Maschinengewehr- Kompanie einen Fußgelenkschuss, der stationär in einem Lazarett behandelt wurde. Nach der Genesung kam er wieder zum Kriegseinsatz, der ihm zum Verhängnis werden sollte.

Eine Nachricht aus der Heimat durch eine am 9.3.1915 in Kripp aufgegebene Feldpostkarte des Vaters, sowie einer Feldpostkarte des Bruders Johann vom 10.3.1915 erreichte den Grenadier Peter Lohmer nicht mehr. Beide Karten kamen mit dem Vermerk zurück: „ AUF DEM FELDE DER EHRE GEFALLEN“. Er wurde in West-Galizien im Dorf Tucholka auf dem dortigen Militärfriedhof begraben.

Hochmotiviert und voller Enthusiasmus schrieb noch der Kripper Franz Lohmer zwei Jahre vor Kriegsbeginn während seiner Ausbildungszeit als Musketier des Infantrie-Regiment von Horn (3. Rheinisches) Nr. 29. im Schlusssatz seines Briefes am 17.11.1912 an seine Eltern in Kripp :

GOTT VERLÄSST DIE PREUSSEN NICHT, UND BESONDERS KEINE RHEINLÄNDER“

Es kam jedoch anders als erwartet. Hier irrte sich Franz Lohmer gewaltig; und mit ihm eine ganze Nation!


Brief des Kripper Musketier Franz Lohmer während der Ausbildungszeit in Trier vom 17.11.1912: „Gott verläßt die Preußen nicht, und besonders keine Rheinländer“



Schreiben des Bruders Johann an Peter Lohmer vom 10.3.1915 mit dem Vermerk: „Auf dem Felde der Ehre gefallen“ an den Absender zurück gesandt.




Schreiben des Vaters Otto Lohmer an Sohn Peter vom 9.3.1915 mit dem Vermerk: „Auf dem Felde der Ehre gefallen“ an den Absender zurück gesandt.


Schreibort: Schützengraben bei Perthes 1915:










Kripper Anekdoten
weis/funk 
 

Wer Informationen, Texte, Bilder oder Quellenangaben zur Verfügung stellen möchte, der wende sich bitte an: Weis-Funk-Kripp@gmx.de


 Anekdoten , Histörchen, Kripper Verzällche, wahre Begebenheiten und allgemein Wissenswertes.


"Verzällche" sind eine Wiedergabe von hier Erlebtem. Je nach Alter wurden diese Begebenheiten von den Vorfahren an die Kinder und von diesen an die Kindeskinder mündlich weitergegeben. Sie zeigen uns u.a. auch ein Stimmungsbild, um die vorletzte Jahrhundertwende oder um andere Zeitepochen. Im wesentlichen geht es darum, Erlebtes und Anekdoten über den damaligen herrschenden Zeitgeist im Kripper Alltag festzuhalten und wiederzugeben. Diese Verzällche sind ein Garant für eine Art, wie damals hier das alltägliche Leben gemeistert wurde.
Das Besondere an diesen Erzählungen ist, dass sie mit jedem weiteren Berichten, größeren Raum und phantastischere Formen annahmen. Inwieweit der Inhalt der Wirklichkeit entspricht, vermochten nur die nicht mehr unter uns Weilenden zu ermessen. Es wurden uns viele erzählt und wir haben nur diese wenigen herausgesucht, da sie mit größter Wahrscheinlichkeit Anspruch auf Wahrhaftigkeit erheben. Außer den mündlichen Aussagen gibt es für die Dorfinterna die handschriftlichen
Aufzeichnungen der Kripper Familie Gottfried und Theresia Valentin von 1876- 1920, die alle für die Landbürger damaligen wichtigen Ereignisse in Sütterlinschrift festgehalten und von den Verfassern 1993 in unser heutiges lateinisches Schriftbild umgeschrieben wurden. Sie bestechen durch ihre gute Beobachtungsgabe.
Sinn und Ziel dieser vorliegenden "Verzällche" und Begebenheiten ist, die uns überlieferten Geschichten späteren Generationen zu erhalten und so dem Leser ein Schmunzeln zu entlocken. Teilweise flossen die Ergebnisse der Kripper „Jeuschelbrööder“ mit ihren spitzbübischen Unterhaltungen, sowie die mündlichen Überlieferungen der Vorfahren älterer Kripper Generationen, mit ein.
Einige "Verzällche" sind es wert, um sie hier als wahre Begebenheiten zum Besten zu geben. Die nachfolgende Dorfinterna bringt uns die damaligen urwüchsigen Kripper Originale näher. Die geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen dürften charakterlich für für ganze Kripper Generationen spiegelbildlich sein
.

„ Die Anekdote ist die höchste Wahrheit, auch wenn sie keine Spur von Wirklichkeit hat“
(Spruch Goethes)

Godenhausschranke
weis/funk 2012

 
Ehemalige Bahnschranke der alten Kripper Straße am Godenhaus             Foto: Knops
Ein Kripper Kleinbauer beabsichtigte in der Nachkriegszeit seine Geis nach Erkennen der Brunst infolge andauernden Meckerns zum Belegen dem Bock bei einem Bodendorfer Ziegenbockhalter zuzuführen.
Zu dieser Zeit führte die heutige Bundesstraße 266 im alten Verlauf als Chaussee unter der Bezeichnung „Kripper Straße“ unmittelbar am Godenhaus vorbei, wo sich an der dortigen Bahnstrecke Köln-Koblenz ein beschrankter Bahnübergang mit einer nähelich handbetriebenen Schranke befand. Pflichtgemäß hatte der Dienst versehene Schrankenwärter in seinem dortigen Schrankenwärterhäuschen wegen eines zu erwartenden Zuges die Bahnschranke herunter gelassen.
Ein Kripper Kleinbauer, der zur gleicher Zeit mit seiner brunstigen Ziege unterwegs war und an der geschlossenen Schranke warten mußte, verspürte eine dringende Notdurft. Seine Ziege band er kurzerhand und unüberlegt mit der Leine am Schrankenende fest, um sich blitzschnell in der Nähe zu erleichtern. 
Der Zug bestand leider nur aus einer Lok und ehe der Bauer sich des kleinen Geschäftes entledigen konnte, öffnete sich die Schranke unerwartet früher als vermutet. Dem Drang entsprechend konnte er auch seinen Wasserfluss nicht abschlagen und musste hilflos zusehen, wie mit dem Öffnen der Schranke seine Ziege um ihr Leben strampelnd in die Lüfte gehoben und fast stranguliert wurde. Nach panischer Erledigung seines Geschäftes konnte lauthals der Schrankenwärter dazu bewegt werden, die Schranke wieder der Not gehorchend herunterzukurbeln, damit die geschockte Geis befreit werden konnte.
Leider ist nicht überliefert, ob dieses furchtbare Geschehnis negative Auswirkungen bei der späteren Belegung auf die tierische Wollust der Geis hatte.
Quelle: 1.) Mündliche Angaben von Josef Marx ,* 1921.+2012, Kripp


Der SV Kripp und Schalke 04
weis/funk 2012

In der sogenannten "Maggelzeit" nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Währungsreform (1945-1948) kam das Kripper Urgestein Josef Marx, ugs. besser allseits in Kripp als „Marxe Jupp“ bekannt, auf dem Kölner Schwarzmarkt in Kontakt mit einem Bekannten von Ernst Kuzorra, einem damaligen Spitzenspieler des Fußballvereins Schalke 04, der dessen Fußballschuhe des Hungers wegen zum Tausch gegen Lebensmittel feilbot. 
In der Tat waren trotz Armut zu damaligen armen Zeiten richtige Fußballschuhe für jeden Fußballfan etwas „unerreichbares“, einfach ein Traum!.
Legende Kuzorra:
Die Fußballlegende Kuzorra, die zwischen 1920 und 1940 mehr als 1000 Tore schoss, davon alleine 1933 14 Tore in einem Spiel, wurde wegen seinen außergewöhnlichen Leistungen, Fairplay und seinem Miteinander als Vorbild in der von der Stiftung Deutsche Sporthilfe gegründeten „Hall of Fame“ des Deutschen Sports - ein bleibendes Forum für Persönlichkeiten, - verewigt.
Als Protagonist des legendären „Schalker Kreisels“ zelebrierte er gemeinsam mit seinem Schwager Fritz Szepan sowie Ernst Kalwitzki ein offensives präzises Kurzpassspiel mit Freilaufen und Dribbeln, dass Schalke 04 zum Erfolg und nach neunmaliger Schlussrunde den sechsmaligen Deutschen Meistertitel brachte.
Ritterkreuzträger und ehemaliges Kripper Fußballtalent Cosmas Wolf.  Foto: Archiv Weis/Funk


 
„De Marxe Jupp“, begeisterter Fußballfan und Torwart beim Kripper Fußballverein ohne jedoch jemals echte Fußballschuhe besessen zu haben, kam dieses Angebot sehr gelegen. Um seinen Wahnsinnstraum endlich erfüllen zu können, kam es zu ernsten Verhandlungen.
Gegen einen Tauschwert von 30 Pfund „Tuffele“ (Kartoffeln) und einer Seite Schweinespeck wurde man handelseinig und die begehrten Fußballschuhe gelangten nun nach Kripp.
Stolz wie ein König über seine neue Errungenschaft präsentierte Jupp diese stets im Kripper „Kasten“ (Tor).
Was er jedoch nicht ahnen konnte, war, dass ein anderer Spieler bereits auf diesen Neuerwerb ein neidisches Auge geworfen hatte und diese für seine Zwecke als Stürmer besser hätte gebrauchen können.


Kripper Mutprobe  
weis/funk 2010

Immer schon waren Mutproben unter Jugendlichen beliebt, so auch in Kripp. Hoch im Kurs war bis vor dem Zweiten Weltkrieg das Anschwimmen an die großen Radschaufeldampfer der Köln-Düsseldorfer-Rheinflotte.
Dabei musste dieser von vorn angeschwommen und die Bugkante mit der Hand berührt werden. Danach hatte der Schwimmer, um nicht in den seitlich angebrachten Radkasten des vier Meter im Durchmesser großen rotierenden Schaufelrades zu gelangen, sich so kräftig wie möglich seitlich vom Schiff abzudrücken.
Wie so oft im Leben geht es hundert mal gut, aber eines Tages zog sich ein Schwimmer bei dieser Mutprobe eine erhebliche Verletzung an der Ferse zu, indem er sich nicht weit genug vom Schiff abstoßen konnte und mit der eisenbewehrten Kante eines dieser durch die Rheinfluten pflügenden Radschaufelblattes in Berührung kam. Mit dieser schmerzlichen Erfahrung fand der lebensgefährliche Unsinn ein jähes Ende!


"De Schnaaf ", ein Kripper "Orjinal"(Original)
weis/funk 1994

Wenn auch die meisten Kripper zu der Masse der unauffällig Dahinlebenden gehörten, so gibt es jedoch auch Leute, die wegen ihrer Urwüchsigkeit aus dem Rahmen des Alltäglichen herausfallen. Man nennt sie ugs. „Orjinale“ (Originale). Meist sind es recht eigentümliche Persönlichkeiten, die sich positiv oder negativ von dem Normalbürger unterscheiden. Bei einer größeren Anzahl von Menschen eines Ortes bleibt es jedoch nicht aus, dass sich in verschiedenen Generationen auch einige Originale herausschälen, dessen Episoden hier kurz erwähnt und in Erinnerung gebracht werden.
Einer dieser Originale war um 1920 der Kripper Bürger Jakob Thelen, der im Bewusstsein der alteingesessenen Bürger als "Schnaaf" auch heute noch lebt.

Seinen Lebenserwerb sicherte sich "Schnaaf" mit allerlei handwerklichen Tätigkeiten in bester Ausführung. „Schnaaf“ vom Beruf her Anstreicher, betätigte sich später als städtischer Hilfspolizist und Nachtwächter. Zur Herbstzeit jedoch war er Nebenberuflich als Hausschlächter unterwegs. Auf Vorbestellung zog er in jedes Haus, um dem "Wuzzje" (ugs. für Schwein) beim Weg in die Einweckgläser zwecks Vorratshaltung behilflich zu sein. Als Kopfschlächter bediente er sich zu damaligen Zeiten der Hausaxt, indem er das Tier mit einem Strick am Hinterbein an irgendeinen festen Gegenstand band und bei geeigneter Kopfdrehung das Tier mit einem Axtschlag auf den Kopf tötete. Jedes Mal tätigte er beim Zuschlagen ausatmend den Ausruf "Schnaaf", wobei er die Betonung sehr lang gezogen auf den Buchstaben "a" legte.(Schnaaaaaf). Durch diese auffallende Besonderheit erhielt er von den Ortsbewohner den Necknamen "Schnaaf", der auch auf die nächste Generation überging.

Eine weitere Episode lässt uns heute noch schmunzeln. Wir möchten es mit "Chinesischer Nachtigall" überschreiben. Dank seinen handwerklichen Fähigkeiten war er bei der Bevölkerung beliebt; brauchte man seine Hilfe, war es gut ihn mit "Meister" anzusprechen, darauf legte er allergrößten Wert.

Eines schönen Tages hatte er einen Spatz eingefangen, sein Gefieder kunstvoll als exotischen Vogel bemalt und vor dem Haus in einem Vogelkäfig ausgestellt. Wissbegierigen erklärte er, dass es sich bei diesem Exoten um eine chinesische Nachtigall handele. Das Interesse der Dorfbevölkerung war natürlich groß - wo gibt es denn in diesen Rhein- Ahrgefilden schon eine chinesische Nachtigall zu sehen- und "Schnaaf" genoss das Schauspiel. 1) Der „Meister“ nun, ein krippbekanntes Original, wusste alles so trefflich vorzuführen oder auszumalen, als wäre es Realität.

1) Mündliche Erzählung Friedel Valentin, Kripp 1993


Papstablass für Kripp  von Pius VI.

Päpstlicher Ablass für Kripp anno 1783  

weis/funk 2010

Anlässlich der bevorstehenden Kirmes haben Willy Weis und Hildegard Funk aus Kripp eine für den Ort Kripp recht interessante Geschichte in Form einer Kopie einer alten Ablassurkunde in ihrer Sammlung entdeckt. Wie aus dieser Urkunde zu ersehen ist, erhielt speziell die Kripper Kapelle anno 1783 von Papst Pius VI. einen vollkommenen Ablass anlässlich des Patroziniums des Heiligen Johannes von Nepomuk. Der Grund für einen solchen Ablass dürfte das bisher viel zitierte Lotterleben aus den Pionierzeiten in Kripp gewesen sein, der Papst Pius VI. zu einer solchen Generalamnestie der Sünden veranlasste. Durch diesen Ablass konnten die Kripper Gläubigen beiderlei Geschlechts alljährlich am Patronatsfest des Hl. Johannes von Nepomuk (16.Mai) durch die Bulle von Papst Pius VI. eine generelle Sündenvergebung erwirken, indem sie nach vorheriger Beichte und der Hl. Kommunion am Festtage von der ersten Vesper bis zu des anderen Tages Sonnenuntergang für einen Ablass beteten. Wer als Sünden beladener Kripper also Lust an einer sündenbefreiten Kirmes verspürte, der hielt sich an diese Vorgaben. Allen Bürgerinnen und Bürger ein frohes Kirmesfest 2010, verbunden mit einem Schmunzeln mit Rückblick auf dieses Fest zu Zeiten der Vorfahren.

 
Nächstkünftigen, welcher der 16te Tag Monats May wird in der Kapelle des H.Johann von Nepomuc an der Krippen hochfeyerlich gehalten werden das Fest dieses wundargroßen Heiligen und Blutzeuges Jesu Christi, an welchem Tage Ihro Päpstliche Heiligkeit Pius dieses Namens der Sechste allen und jeden beyderley Geschlechtes Christgläubigen, die nach vorheriger Beicht und HI. Kommunion allda für Friede und Einigkeit christlicher Fürsten und Potentaten, forr Ausreutung der Ketzereyen, und Erhöhung der römischen Kirche andächtig werden gebethen haben, von der ersten Vesper bis zu des anderen Tages Sonnenuntergang vollkommenen Ablaß Iaut obiger Bulle gnädigst verliehen haben.
Zu welchem Gnadenschatz und größerer Feyerlichkeit alle und jede Christgläubige
andurch freundlichst eingeladen werden.


Verletzte Beamtenseelen
weis/funk 2010

Wegen eines Vorhabens der "Obrigkeit", das nicht im Einklang mit dem Betroffenen stand, wurde der Kripper Bürger Josef Marx, allseits bekannt als schlitzohriges Kripper Urgewächs, beim Bürgermeisteramt der Stadt Remagen vorstellig, um seinem Unmut freien Lauf zu geben. Im Verlauf des Gespräches, das trotz mehrmaligen Vortrages des " Aufmüpfigen" (Erschienenen) bei den Beamten auf taube Ohren stieß, appellierte der "Untertan" mehrmals an die "Begriffsstutzigkeit" der Behördenmitarbeiter, deren Gesichtszüge jedoch unmissverständliche Missbilligung ausdrückten. Er verspürte ein dringendes Bedürfnis, den langweiligen Behördenapparat mit einer Schimpfkanonade in Schwung zu bringen. Schlitzohrig wie er ist, hatte er sich vorher die Worte seines Zornes wohlweislich sorgfältig ausgewählt, da er mit keinem glimpflichen Ausgang rechnete. Ohne den Impuls des Widerspruches zu unterdrücken, bemächtigte er sich mehrmals bissig folgenden Wortlautes: "De Hällefte he om Amb sen suwisu Ooase on Schoofsköpp" (Die Hälfte hier auf dem Amt sind sowieso Ochsen und Schafsköpfe) Da sich wohl einige angesprochen fühlten, begann der Amtsschimmel zu wiehern und eine schriftliche Stellungnahme mit dem Vorschlag der öffentlichen Entschuldigung wurde ihm zugestellt. Die Behörde bestand auf den Widerruf der Beleidigung und einer öffenlichen Entschuldigung mittels "Ausschellen" des Gemeindedieners Johann Betzing, ugs."et kleen Hännesje " genannt. Marx willigte schmunzelnd ein und der Widerruf der Beleidigung wurde an mehreren publikumsträchtigen Stellen im Ort mit folgendem Wortlaut bekanntgegeben:

"Ich, Josef Marx, widerrufe hiermit öffentlich, daß die Hälfte auf dem Bürgermeisteramt keine Ochsen und Schafsköpfe sind," wobei der Gemeindediener sich nicht die trockene Bemerkung verkneifen konnte: " Jo, wenn et jo de een Hällefte net es, moß et jo de andre Hällefte seen." (Ja, wenn es die eine Hälfte nicht ist, muß es ja die andere Hälfte sein). (1)

Somit war beiden Parteien in dieser Angelegenheit genüge getan. Die Behörde hatte ihre Entschuldigung und der "provokante Untertan" seine Genugtuung über den gelungenen Schildbürgerstreich. Diese eigentümliche Art und Weise der Opposition, die gegen die Obrigkeit gerichtet war, weist starke Parallelen zu dem in den Zeiten des Kulturkampfes geführten Streit gegen die damalige preußische Obrigkeit, gemischt mit einem Schuss origineller und typischer Kripper Ortsmentalität. 

1) mündliche Erzählung Josef Marx, Kripp 1998


"De Walzer links erömm!" (Den Walzer links herum

weis/funk 1995


….... und da war noch die fast tägliche Dienstverfehlung des Posthalters Schäfer aus tänzerischer Leidenschaft, ohne jedoch seinen wohlbekannten Service am Postkunden zu vernachlässigen. Schon auf dem Schiffswege von Remagen nach Kripp sortierte er seine auszutragende Post blitzschnell vor, um die später bei der rothaarigen Frederike verlorene Zeit wieder wett zu machen. In Kripp an Land gekommen, führte der erste Weg fast immer in das Rheingold- Hotel, das sich damals im Besitztum der Familie Albert und Frederike Dörries befand. Die tanzwütige Hoteliersfrau hatte bereits beim Erscheinen ihres leidenschaftlichen Tanzpartners ihr Hausorchester, ein Grammophon, angekurbelt, um so schnell wie eben möglich bei Walzermusik die recht kurzfristige Zeit der selbst angeordneten Dienstbefreiung in seinen Armen beim "Walzer links herum", zu genießen. Um die Tanzzeit so zivil wie möglichst zu gestalten, wurde sich der Dienstmütze und der Posttasche flugs entledigt. Nach der so genannten tänzerischen Trainingseinlage, die wohl nach jetzigen medizinischen Erkenntnissen sehr zur berufsbedingt erforderlichen Geschmeidigkeit und Beweglichkeit seiner Beine beigetragen hatte, begann für ihn wieder zum Ausgleich der berühmte Dienst am Kunden. Trotz seines internen Dienstvergehens genoss Kripp während seiner Zeit den größten postalischen Service, indem er zweimal täglich die Post zustellte und sogar Sonntags die Post vor dem Hochamt an der Kirche an die Empfänger verteilte. 1)
Diese sich fast täglich wiederholende lustige Unterbrechung der Arbeit des Posthalters Schäfers war allen Krippern wohlbekannt und ist noch heute eine gern erzählte Episode aus alter Zeit. Das Grammophon wurde später durch ein elektrisches Klavier ersetzt.

1) mündliche Überlieferung Friedel Valentin, Kripp 1993


Hausschlachtung Anno Dazumal
weis/funk 1996

Für die heutigen Verhältnisse ist es für viele kaum noch vorstellbar, mit welchem Aufwand und Vorsorge die jährliche häusliche Fleischbevorratung ohne die Hilfe von elektrischen Kühlagregaten von unseren Eltern und Vorfahren betrieben wurde.

Die Haltbarmachung des Schlachtgutes durch Räuchern, Pökeln, sauer oder Sülze einlegen war zwar bekannt, jedoch die Lagerung des Schlachtfleisches bereitete erhebliche Probleme, so dass bei den Krippern im allgemeinen selten zur Sommerzeit Fleisch auf dem Speiseplan stand.

Die Konservierung des Fleischgutes für die Sommerzeit erfolgte erst um 1900 durch Einkochen in Gläsern und Dosen, bis dies um 1950 durch die aufkommende Tiefkühlung erleichtert wurde.

Noch kurz nach dem 2. Weltkrieg war es bei den meisten Familien im ländlichen Kripp durchaus eine Normalität, für den eigenen Fleischbedarf die Schweine selbst heranzufüttern und zu schlachten. Schweinefleisch und Wurstsorten in allen Arten der Zubereitung bildeten in hiesiger Region die Grundlage fast aller Haushalte zur Versorgung der Menschen.

Das Schwein als unkomplizierter Allesfresser und Entsorger biologischer Haushaltsreste stellte dabei hauptsächlich den Fleischvorrat der Kripper über Winter sicher. Da sich eine eigene Aufzucht mit einer Muttersau (Tragezeit 3 Monate, 3 Wochen und 3 Tage) für einen normalen Familienhaushalt nicht lohnte, erwarb fast ein jeder Kripper Haushalt alljährlich auf den Märkten oder bei einem ambulanten Schweinebauer, der im Frühjahr mit einem mit Ferkeln beladenen Pferdewagen über Land fuhr und Jungferkel feilbot, ein bis zwei Ferkelchen zur kommenden Fleischbevorratung.


Der Ankauf eines Jungferkels, die Aufzucht, Mast und die Schlachtung waren bis dahin ein lebenswichtiger Punkt in der Kripper Haushaltsplanung. Kenner legten beim Kauf Wert auf einen langen Körper und einem gekringelten Schwänzchen. Nach dem Kauf fand das oder die neue Schweinchen in einem frisch gekälkten und mit neuem Stroh ausgelegten Schweinestall Aufnahme, der meist im Hofbereich am Haus angebaut war. Obwohl der Stall das Zuhause des Schweines war, hatte es meistens seinen täglichen Auslauf im geschlossenen Hof, wobei die Kinder oft mit ihnen spielten. Den Sommer über wurde das Jungschwein mit Grünfutter und Biohausabfall gefüttert. Dabei vertilgte das Schwein als Allesfresser die in der Küche angefallenen Essensreste , die mit Kartoffelschalen und Futtermehl als Futter aufbereitet wurden. Haushalte, die keine eigenen Schweine hatten, sammelten ihre Küchen- und Essensabfälle und brachten diese wöchentlich zu einem schweinebesitzenden Angehörigen, Freund oder Nachbarn. Als selbstverständliche Gegenleistung lies sich der Schweinebesitzer nicht lumpen und bedachte am Schlachttage die treuen Futterspender mit Wurst und Schlachtbrühe.

Im Kreislauf des Jahres setzten im Herbst, wenn die Natur nicht mehr das frische Pflanzenfutter lieferte mit dem sich die Schweine das Jahr über ernährten, dann die ersten Hausschlachtungen ein. Das Fleisch des Schweines war jetzt besonders schmackhaft, ganz anders als wenn es zur Winterzeit nur mit Trockenfutter gemästet wurde. Um noch auf ein gutes Schlachtgewicht zu kommen, wurde das Borstenvieh kurz vor seiner Schlachtung mit Kartoffeln oder Schrot auf annähernd 2 bis 2,5 Zentnern gemästet. Unter den Nachbarn fanden diesbezüglich richtige Wettbewerbe statt. Je fetter eine Sau, desto besser. Im Herbst wurde erst das größere Schwein geschlachtet, das andere dann im Februar.
Nach erfolgter Mastzeit wurde der Dorfmetzger gerufen und die Schlachterei erfolgte in den frühen Morgenstunden in den jeweiligen Höfen der Häuser, wobei die Sau meistens zwischen Stall und Wohnhaus "gelegt", gebrüht und aufgebrochen wurde. Das Töten der Tiere erfolgte bis annähernd 1940 mit einem gezielten Axt- oder Hammerschlag zwischen Augen und Stirn, danach mit einem Bolzenschußapparat. Nach der Tötung erfolgte das Abstechen in die Halsschlagader zwecks Blutgewinnung, Selbst die Kinder halfen eifrig mit und rührten mit der Hand das aufgefangene warme Blut in einem Topf für die Wurst, damit es nicht gerann.
Danach erfolgte das Brühen und Rasieren der Schweineborsten mit einer Eisenglocke in der Molle und dem Aufbrechen, wobei das Schwein mit Stricken oder einem Krummholz an den freigelegten Fersensehnen der Hinterbeine auf einer neben der Mole liegenden Leiter festgebunden wurde. Dann stemmte man die Leiter schräg samt Schwein an einer Mauer hoch, den Kopf nach unten hängend und schlitzte die Bauchseite mit einem scharfen Messer von oben bis zum Hals auf.
Lunge, Herz und Leber wurden dem noch dampfenden Tierkörper entnommen und mit kaltem Wasser abgewaschen. Anschließend entnahm man Därme und Magen, trennte sie und legte alles zur Säuberung in eine Wanne. Die Sau wurde jetzt so beschnitten, das links und rechts die Kotelettreihen waren. Jede Schlachtung war nach dem Fleischhygienegesetz meldepflichtig. Nach der Besichtigung durch einen amtlichen Fleischbeschauer und Trichinenkontrolle wurde die Freigabe des Schlachtgutes durch einen Stempel auf der Schweinehaut zur weiteren Verwertung freigegeben, damit der spätere Fleischverzehr ein Genus ohne Reue wurde. 


 „Jolante beim Bad in der Molle“ (v.l.n.r. Toni Lenz, Albert Schlief, Alfons und Gisbert Schmitz)

Neben ihrer Arbeit hatten die Helfer Mühe und Not, die durch den Schlachtgeruch angelockten Katzen und Hunde zu verscheuchen.
Nun erfolgte die Zerlegung des Schweines mit der Entfernung beider Hinterschenkel und Schulterstücke so wie der Abtrennung der Speckseiten mit zwei Seiten Magerspeck, zwei Seiten fetten Speck. Beim Zerlegen der einzelnen Teile wurde noch „frisiert“, das heißt anfallende Reste wurden der späteren Wurstverwertung zugeführt.
Auf langen Holztischen in den Nebenräumen standen für die nun anfallende Arbeiten der Helfer zahllose Schüsseln, Krüge, Eimer und ein großer gusseiserner Fleischwolf bereit., um das Schwein zu Würsten, Schinken, Gepökeltem oder Geselchtem zu verarbeiten.
Die Schulterstücke, Schinken, mageren und fetten Speckseiten sowie Koteletts galt es nun für spätere Zeiten zu konservieren, indem man diese in einen Betonbottich, der sich meistens im Keller befand, unter Zugabe von Salz, Salpeter und Zucker legte und diesen halb mit Wasser füllte. Nach sechs- bis siebenwöchiger Wässerung wurden die Fleischstücke unter klarem, kaltem Wasser abgewaschen und nach tagelanger Lufttrocknung in der hauseigenen Räucherkammer, ugs. „et Räuches“ genannt, zur Haltbarkeit 1 bis 2 Tage mit reinem Buchensägemehl geräuchert. Die im Keller zur Abkühlung auf Stöcken aufgehangenen Würste wurden ebenfalls zum besseren Haltbarkeit dem „Räuches“ zugeführt.

Nachbarschafts- und Familienhilfe waren beim Schlachten und Wursten angesagt. Eine Hilfe, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Die Hausfrau hatte nun 2 Tage außerplanmäßigen Hochbetrieb, um die Fleischmassen für spätere Zeit zu konservieren bzw. einzuwecken.
Viele fleißige Hände schafften den ganzen Tag, damit die Sau ordentlich und fachgerecht in Darm, Dose oder Gläser für spätere Zeiten versorgt wurde. Angefangen von den Schüsseln unter Tränen geschälter Zwiebeln, dem handwarmen Auswaschen der Därme für die spätere Wurstfüllungen oder das Auskochen des Schweinekopfes und das Durchdrehen von Teilen derselben durch den Fleischwolf für die Wurstzubereitung sowie fachgerechtes Abwürzen der Fülle von Leber- und Blutwurst oder das Aufhängen von Würsten in langen Reihen an Stöcken.
Die durch den Fleischwolf gedrehte „Lönt“ (Flomen) wurde nach dem zu Schmalz kochen in Steintöpfe gefüllt.
Die ungefertigte Restwurstmasse wurde zu einer köstlichen Wurstbrühe aufgekocht, aufgeplatzte Würste gebraten und die ungewürzten Blutwurstreste zu „Pannas“ oder „Fülses“ mit Buchweizenmehl unter ständigem Umrühren in einem Gußbräter auf dem Herd nach vorheriger pikanter Würzung aufgekocht.

Der anstrengende Schlachttag, an dem es trotz harter anstrengender außerplanmäßiger Alltagsarbeit meist recht gesellig mit Tratsch und Lachen in Gemeinschaftsarbeit zuging, endete mit einem köstlichen Imbiss.
Welch ein Genus nach getaner Arbeit, wenn man eine Wurstbrühe, Pannas oder ein Stück Schmull (Wellfleisch oder Stich) mit reichlich Salz und Pfeffer, Brot und einem Klaren zu sich nahm. Nach mindestens 2 Tagewerken wurden alle Beteiligten für ihre Mühe mit Wurstbrei, Würsten und Wurstbrühe dankend bedacht. Es galt als selbstverständlich, dass die Schulkinder dem Lehrer tags darauf eine Wurst mitbrachten. 
Für den Ankauf eines neuen Jungferkels wurde nach der Schlachtung wieder gespart, damit die Fleisch- und Wurstvorräte im übernächsten Jahr wieder garantiert waren.
Die Haltung von Hausschweinen mit Hausschlachtung, die noch nach dem Zweiten Weltkrieg bei den meisten Familien im ländlichen Kripp durchaus eine Normalität darstellte, verschwand gänzlich aus dem Kripper Ortsleben mit den veränderten modernen Versorgungsverhältnissen infolge mit den Fleisch- und Kühltheken aufkommenden Supermärkten und den neuen gesetzlichen Fleisch hygiene- Bestimmungen, wonach die Tierschlachtung nur noch im Schlachthof erfolgen darf.

Anzumerken bleibt noch, dass bis 1900 die getrocknete Schweinsblase den Kripper Tagelöhner als Tabakbeutel oder den Kripper Kindern, im frischen Zustand mit einem Strohhalm aufgeblasen und 2 Tage im Wind getrocknet, als Spielball diente.
Ferner fanden die abrasierten Schweineborsten -bis zu der aufkommenden Verklinkerung der Kaminköpfe- als unsichtbare Armierung dem Zementmörtel für den Außenputz an den Schornsteinköpfen beigemischt, Verwendung. Sie dienten zur Minimalisierung von Putzrissbildungen infolge starker Temperaturwechsel während der Heizzeit.
Des Weiteren wurde während den Kriegszeiten von Amts wegen bei den Kripper Selbsterzeugern infolge der kriegsbedingten Zwangsbewirtschaftung für Nahrungsmittel vom Wirtschaftsamt der Stadt Remagen jährlich die Bestände an Federvieh, Bienenvölker, Schweine, Rindvieh und Pferde kontrolliert, um die Lebensmittelzuteilungen in Bezug auf Fleisch, Eier, Honig und sonstiger Nahrungsmittel entsprechend der Eigenversorgung zu kürzen und die "Überproduktion" aller landwirtschaftlichen Haushalte für den Verkauf zu erfassen. Eine eigene Hausschlachtung durfte ausschließlich nur mit einem auf dem Bürgermeisteramt ausgestellten Schlachtschein erfolgen. Dienstältester Fleischbeschauer in Kripp war Johann Wahl. War nur eine geringe Geflügelmenge für den Hausgebrauch zu schlachten, so hatte man zur Nachweisführung dem damaligen Ortsbauernführer Anton Rieck, den Krippern besser unter dem Spitznamen „et Tönterle“ bekannt, den abgehackten Geflügelkopf vorzuzeigen. Falschangaben oder sonstige Irritationen an diese Behörde wurden als Diebstahl und Untergrabung der Deutschen Volksernährung strengstens geahndet. 


                             Hausschlachtung um 1940. Johann Wahl mit aufgebrochenem Schwein an der Leiter



Schwarzbrennen
weis/funk 1994

Recht abenteuerlich ging es in Kripp während der Nachkriegszeit bei der Schwarzbrennerei zu. Aus der Not und den vielen Nachwirkungen des II. Weltkrieges heraus, erlebte die Schwarzbrennerei eine Blütezeit.
Damals wie heute eine illegale Tätigkeit, wurde sie aufgrund der Branntweinmonopolstellung des Staates und den damaligen Richtlinien der französischen Besatzungsmacht mit empfindlichen Freiheitsstrafen geahndet. Zur Unterbindung dieser "Hobbykriminalität" wurde eigens von den Besatzern eine Dorfpatrouille eingesetzt. Der aus bitterer Not geborene Erfindungsreichtum einiger Kripper kannte keine Grenzen. Damit das Schwarzbrennen nicht "anrüchig" wurde, ließen sich die pfiffigen "Kripper Kriminellen" einiges einfallen. 
Durch die starke eigentümliche Geruchsentwicklung des Brenngutes während des Brennvorganges wurde die Maische (zerkochter Fruchtbrei) zur Geruchsneutralisierung meist unter Misthaufen versteckt, damit die Schwarzbrennerei vor den empfindsamen Schnuppernasen der in den Straßen Kripps patrouillierenden französischen Besatzungstruppen unentdeckt bleiben sollte.
Neben dem Brenngeruch waren die in die Straßenrinne laufenden Wasserrinnsale, hervorgerufen durch die stets notwendige Kühlung des Kühlrohres, verräterische Spuren eines illegalen Brennvorganges. Im Rahmen der Nachbarschaftshilfe wurden während dieser Zeit ungewollte Waschtage abgehalten, die neben der Geruchsverschleierung durch Seifenlauge auch die verräterischen Kühlungswasserspuren legalisieren sollten. Hinzu wurde zur Geruchsvermischung an den Brenntagen Jauche ausgefahren. 

Der Schnaps wurde wie folgt hergestellt:
Als gängigste Früchte zum Schnapsbrennen wurden meist Futterrüben, Kartoffeln, Pflaumen, Birnen und Mirabellen verwendet.
Durch Aufbereiten der Früchte zu einer gärfähigen Maische setzte sich der Fruchtzucker in Alkohol um. 
Aus abmontierten Kupferrohren der ausgebombten Fähre wurde von ideenreichen Tüftlern während der armen Nachkriegszeit eine Notdestille konstruiert. 
Als provisorische Brennblasen dienten ausrangierte Wasserkanister der US- Armee, in die die durch den Fruchtzuckergehalt vergorene Maische als Ausgangsmaterial eingefüllt wurde. Um ein Anbrennen des Fruchtbreies zu verhindern, wurde die mit beliebigen Früchten gefüllte Brennblase in das Wasserbad eines Viehkessels gestellt, das durch eine Feuerung auf eine Temperatur über 80 ° C erhitzt wurde, niederschlug. Das Produkt des alkoholischen Fruchtdestillates ergab den "Selbstgebrannten".
Um die Schnapsqualität zu erhöhen, wurden später an der Destillationsmaschine der Vor- und Nachlauf separiert und das Erstdestillat nochmals gebrannt. Aus einer Arztpraxis organisiertes Filterpapier sowie mit ausgewaschenen und mit Holzkohle gefüllten Leinensäckchen erhielt man nach der Filterung reinen klaren Schnaps. Den kaum genießbaren ungefilterten Schnaps als Erstdestillat nannte man Fusel. Den Selbstgebrannten aus Rüben nannte man ugs. "Knolli-Brandy".

Nach erfolgter Qualitätssteigerung versuchte man nun die Quantität des Brennens zu optimieren. 
Eigens dafür hatte man auf dem Transportwege zum Kripper Gefangenenlager die riesigen Gusskohlenkästen eines requirierten großen Hotelherdes entwendet und auf einer provisorisch gemauerten Feuerung in der Futterküche hinter dem damaligen Haus Schumacher, jetzt Quellenstraße 54, verbracht. Nach dem Aufheizen diente der mit Öl gefüllte Gusskasten als Ölbad. Laufend wurden nun die mit Maische gefüllten Wasserkanister nach erfolgtem Brennvorgang ausgewechselt. So ist es einmal vorgekommen, dass durch Unachtsamkeit der Flammpunkt des Öles überschritten und damit eine Selbstentzündung des Öles initiiert wurde, deren auflodernde Flammen die herunterhängenden Heureste des über der Futterküche liegenden Frucht- und Heuspeicher entzündeten. Erschrocken stürzten sich die „Schwarzbrenner“ auf den Brandherd und hatten nun alle Hände voll zu tun, mit Wassereimern unbemerkt den Brandherd zu löschen, bzw. mit einer Woilach 1) die Flammen brennender Fruchtsäcke zu ersticken. Nur für diesen kurzen Augenblick ließen die Akteure mit teilweise angesengten Haaren sprichwörtlich "Schnaps einmal Schnaps sein"! 2)

1) Pferdedecke 
2) Mündliche Erzählung Friedel Valentin, Kripp 1993

Die gehörnte Mutter
weis/funk 1998

Um die hungrigen Mäuler der Familienmitglieder zu sättigen, waren manche Kripper Bürger  infolge des kargen Lohnes, Arbeitslosigkeit oder Lebensmittelmangels gezwungen, bis in den schlechten Tagen der Nachkriegszeit des II. Weltkrieges den Nahrungsmittelkonsum neben dem Ackerbau noch durch intemen Viehbestand zu decken. Des hohen Kaufpreises wegen waren aber nur wenige in der Lage, sich eine teure Kuh zu kaufen.
Als Ersatz dieses krummgehörnten Buttertieres war die weiße Edelziege als Kuh des "Kleinen  Mannes" in unserer Region sehr vertreten. Die meist angekauften Zicklein wurden als Kapital  gehegt und gepflegt. Im Normalfalle hatte man zwei dieser kleinen paarhufigen Wiederkauer. Um die Fortpflanzung zu gewährleisten, wurde die Geis während der Körzeit zum Bock  zwecks "Belegung" geführt.
Auf Grund des extremen penetranten scharfen Bockgeruches, wurden Böcke außerhalb des  Wohngebietes gehalten und von der Stadt bezuschusst.
Hierzu gibt es eine lustige Episode, die sich vor dem 2. Weltkiieg in Kripp zugetragen hat. Mutter Wahl erkannte eines Tages am dauernden Meckem und lebhaften Schwanzwedeln, dass ihre Ziege in der Brunst war und schickte ihre Kinder mit selbige zum Bock. Das mitgegebene Deckgeld juckte in der Hand gar sehr, war es doch ein heißer Tag und Limonade und Eis lockten doch so verführerisch. Also beriet man sich, die Ziege gar nicht erst dem Bock zuzuführen und das Deckgeld zu "versaufen und verschleckern", zumal die Mutter von dieser Missetat nichts erfahren würde. Eine Schwellung und Errötung im Schambereich der
Ziege wurde von den Kindem durch Manipulation vorgetäuscht.
Als nun die "Geis" im Laufe der Zeit nicht runder wurde und die erboste Mutter den Bockbesitzer wegen angeblicher Zeugungsunfahigkeit des Bockes aufsuchte, konnte der sich natürlich an keinen "Paarungsakt" ihrer Ziege erinnern. Ein Donnerwetter war das Nachspiel, nachdem die Mutter herausfand, dass die Kinder ihr die "Hörner" aufgesetzt hatten, das Geld
vernascht und sie um den fruchtbaren Erfolg und dem zur damaligen Zeit lebensnotwendigen Kapital gebracht hatten.1)

1) Nach einer Erzählung von Helma Laux, Kripp 1998


Rheinische Bauernschläue
weis/funk 1995

Vor dem Zweiten Weltkrieg war es Usus, dass fast jede zweite Kuh auf dem Lande einem jüidischen Viehhändler gehörte und man diese auf Ratenzahlung abstotterte.
So konnte ein Kripper Bäuerlein, der auf Grund wirtschaitlicher Ereignisse in eine soziale Notlage geraten war, seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. Der Gläubiger, ein Sinziger Viehhändler jüdischer Abstammung, beabsichtigte nun, um an sein Geld zu  kommen, kurzum die Kuh des Bauem zu pfänden.
Kraft Gesetzes war dieses jedoch nicht möglich, weil 1 milchgebendes Tier zum notwendigen  Lebensunterhalt der Familie gehörte. Daher war die Kuh als einziges milchgebendes Tier rechtlich gesehen nicht pfändbar. Um diese Rechtsprechung zu umgehen und an das ihm zustehende Geld zu gelangen, ersann der Viehhandler eine List und schenkte dem armen Bauer eines Tages, angeblich aus  wohltätigen Gründen, eine milchgebende Ziege.
Das noch listigere Kripper Bäuerlein erkannte die vorgetäuschte Wohltat und schlachtete abends die schenkweise erworbene Ziege.
Tags darauf zeigte der Sinziger Kaufmann sein wahres Gesicht und erschien zwecks Pfändung  der Kuh in Begleitung eines Gerichtsvollziehers, in der Annahme, der Bauer hätte nun durch seinen Schenkungsakt 2 milchgebende Tiere.
Spöttelnd überzeugte das listige Bäuerlein den Gerichtsvollzieher von der Schlachtung seines zweiten Milchlieferanten, und dieser musste, um dem Gesetz genüge zu tun, unverichteter Dinge wieder abziehen.
Eine nicht nachahmenswerte Selbstüberlistung, die dem Gläubiger neben dem eigentlichen Verlust der Ziege auch noch eine gesalzene Pfändungsgebühr kostete 1)

1) In Sinzig bekannte mündliche Überlieferung der Altvorderen, mündliche Angaben von Heinz Schmalz, Sinzig 1995 und Friedel Valentin +, Kripp 1995


Kripper Respektlosigkeit 
weis/funk 1994

Und da war noch damals Toni Becker, allseits eher unter dem Namen „de Beckkes Tünnes“ von der Mittelstrassse in Kripp (ehemals Haus Bögeholz) bekannt, der sich mühevoll seinen Lebensunterhalt als ambulanter Schrotthändler mit einem von einem Schimmel gezogenen Wagen verdiente.
In seiner Art war er ein echtes Urgewächs, woran sich so mancher im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne ausbeissen sollte. So auch nach einer wahren Begebenheit der Bürgermeister aus Sinzig.
Auf der Sinziger Ahrbrücke begehrte dieser mit seinem Gefährt auf Grund seines Standes resoluten Vorlass beim Überqueren der dortigen Brücke, obwohl er wegen einer baulichen Straßenverengung den Gegenverkehr berücksichtigen und dort hätte warten müssen. Um sich jedoch den nötigen Respekt und somit einen Vorteil verschaffen zu wollen, rief er nach einem strengen Blickkontakt im barschen Ton seinem Gegenüber, einem Kripper aus echtem Schrot und Korn zu: „Wissen sie eigentlich wer ich bin?, ich bin der Bürgermeister von Sinzig“, worauf sein Gegenüber ihn scharf anschaute und noch dreister erwiderte: „ unn ich benn de Beckers Tünnes, Lompekrämer uss Krepp unn eesch fahre jezz zueesch wegge“.

1) Mündliche Überlieferung Friedel Valentin, Kripp 1993



Gräfliches Saloncoupe
weis/funk 1997

....und war einmal der genussfreudige italienische Graf und Grandseigneur Taveggi aus Kripp in irgendeiner Weise in Köln anwesend und wollte seine Heimreise antreten, so wurde dort für seine Heimfahrt auf seinen Wunsch hin gegen ein bestimmtes Honorar ein luxeriöses Extracoupe an den D- Zug angehängt. Dieses Luxuscoupe, indem er alleine während der Fahrt residierte, wurde speziell bei seiner Ankunft am Remagener Bahnhof wieder abgehängt.

Nach mündlichen Angaben von Friedel Valentin +, Kripp



Nobeltaxi um 1900 
weis/funk 1994

Einen recht noblen Fahrgast hatten die Fährleute bei ihrer morgendlichen Überfahrt auf der Ponte (Fähre) von Linz nach Kripp überzusetzen, wenn gnädiges Fräulein Maria-Luise Feith, Tochter des Linzer Burgbesitzers und spätere Besitzerin der Kripper Maria-Luisen-Quelle anspannen ließ und ihren Schulweg antrat. Die jeweiligen Überfahrten waren aus Zeit-und Sicherheitsgründen zuvor als Extrafahrten ohne weitere Fährgäste zwischen dem Linzer Burgherren und dem Fährpächter gegen ein Aufgeld ausgehandelt worden. Als fahrbarer Untersatz diente der Hautevolaute-Schülerin eine Kutsche, die vierspännig gezogen über die Kripper Hauptstraße (heutige Quellenstraße) zur Klosterschule der Insel Nonnenwerth fuhr. Das gleiches Spektakel wiederholte sich in Kripp bei der Rückfahrt. 1)


1)mündliche Angaben Friedel Valentin, Kripp 1994



"Kripp de Chine"
weis/funk 1994

Aufgrund der Armut in der Nachkriegszeit herrschte in Kripp aus der Not heraus eine einheitliche Modefarbe. Wegen starker Bombardierung in den Städten im II. Weltkriege hatten die Heftpflasterindustrie ihr fleischfarbenes Basismaterial "Crèpe de Chine" Rollenweise in der Kripper Lederfabrik eingelagert. Nach Kriegsende wurden viele dieser Rollen von den Kripper organisiert und als Tuchstoff für jegliche Bekleidung vernäht. Im Kripper Jargon nannte man dieser in der Nachkriegszeit schicksalsbedingter unfreiwillige Modetrend spöttelnd "Kripp de Chine". 1)

1) mündliche Angaben Gottfried Valentin, Kripp 1994

Der Kripper 'Graf Rene`
weis/funk 1994

Nachfolgend eine Begebenheit zweier Kripper Lederarbeiter, die die Gunst ihres besten Zwirns und weißen Schuhgamaschen dazu verwerteten, um, wenn auch nur kurz, hochstaplerisch in den Adelsstand zu gelangen.

Als Ort des Geschehens wurde das Kurcafè in Bad Neuenahr gewählt, einer damals noblen Adresse der Hautevolee. Eigens für dieses Vorhaben hatten sich die zwei Kripper in besonders eleganter Oberbekleidung herausgeputzt, um mit einem Trick trotz begrenzter finanzieller Mittel in gehobener Atmosphäre die "große Welt" zu erleben.

Einer der beiden nahm im Cafè Platz, während der andere von außerhalb das Cafè anrief und verlangte, seinen Partner mit dem angedachten Rang und Namen ausrufen zu lassen, worauf ein Page mit einem Schild "Graf Rene zum Telefon" durch das Cafè ging.

Um den Gästen zu imponieren, erhob sich der Kripper "Möchtegraf" in seiner eleganten Bekleidung recht auffällig von seinem Stuhl und vernahm genießerisch das Raunen sowie die neugierigen Blicke der Damenwelt, während er genüsslich zum Telefon schritt.

Sein Partner erschien kurz darauf an seinem Tisch, und beide genossen beim Tanz die ihnen zu Füßen liegende Damenwelt. 1)


1) mündliche Angaben Gottfried Valentin, Kripp 1994

Balthasarkreuz 
weis/funk 1997

An der heutigen Mittelstrasse in Höhe des Balthasarkreuzes an der Bereichsgrenze zu Remagen lauerten bis vor dem 2. Weltkrieg gerne die Kripper Dorfjugendlichen auf dem damals unbeleuchteten Weg zwischen Remagen und Kripp ahnungslose weibliche Passanten auf, um sie durch ihr plötzliches Erscheinen in Gestalt eines Gespenstes mit übergeworfenem weißen Bettlaken und einem gespenstigen Lichtlein hinter dem dicken Stamm der dortigen Linde hervortretend einen gehörigen Schreck einzujagen, worauf die letzten 500 Meter bis zum Ort Kripp in einer schnelleren Gangart die Entfernung und Zeit gänzlich verschwinden ließen. Der makaberen Spaß der damaligen männlichen Jugend wird für viele Kripper heute noch schmunzelnd in Erinnerung sein. 1)
An gleicher Stelle, die für die Kripper als Eingangspforte des Ortes angesehen wurde, erhielten oft die auswärtigen Liebhaber von der eifersüchtigen männlichen Dorfjugend eine ugs. "Fahrt Riss" (gehörige Tracht Prügel), wenn sie ihre Angebetete im "Kripper Rosengarten" besuchen wollten. 

1) mündliche Erzählung Balthasar Wahl, Kripp 1995 2) mündliche Erzählung Ignaz Jüssen, Kripp 1996

Tierische Zwillingsgeburt
weis/funk 1997

Ein recht seltenes Ereignis in Kripp war von so herausragender Bedeutung, dass es in der Presse veröffentlicht wurde. So war in der Mittwochsausgabe der Rhein- Ahr- Zeitung Nr.95 vom 28.11.1894 als außergewöhnliches Ereignis in Kripp folgender Text zu finden:
,,Kripp, 26. Nov. 1894.
Gestem brachte eine Kuh Zwillingskälber zur Welt. Es hat sich hiermit um dasselbe Naturspiel im Zeitruum von paar Jahren bei demselben Stück Vieh wiederholt." 1)

1) Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 635/ S22 (ZA)
Vermerk! Eine Zwillingsgeburt bei einer Kuh gleicht fast einer Sensation.


Arbeitsunfall
weis/funk 1997

"Am 2 ten August 1906 abends gegen 07.00 Uhr, ist der Brückenmeister Gottfried Lüttgen aus Kripp beim Auffahren des ersten Döppers (ugs. Boje) ertrunken. Die Leiche wurde am 5 ten August in Remagen gelandet und nach Kripp gebracht" 1)

1) Tagebuch der Familie Georg Valentin, Kripp 1876 - 1920, Seite 13


Bootsrennen
weis/funk 1996

Im September 1907 wurde eine große Motorbootwettfahrt von Mannheim bis Köln durchgeführt. Voller Begeisterung notierte Valentin unter diesem Datum in sein Tagebuch:
Es war großartig wie verschiedene Boote mit einer fürchterlichen Schnelligkeit durch das Wasser schossen. Das Boot ”Zariza" war das schnellste. Es durchlief die Strecke von Koblenz bis Kéln (98 Kilometer) in 1 3/4 Stunden" 1)

1) Tagebuch der Familie Georg Valentin, Kripp 1876— 1920, Seite 14

Früher Winter
weis/funk 1994

Vom 1ten auf den 2ten Novb. 1919 ist hier 10 cm hoch Schnee gefallen, am 1 lten wieder viel Schnee, am 13., 14. und 15ten Novb. lag er 28 cm hoch 1)

1) Tagebuch der Familie Georg Valentin, Kripp 1876- 1920,

Lebensrettung
weis/funk 1994

Am 24ten Januar 1918 wurde von den Krippem Gottfried Valentin und Johann Zihs, als sie mit der Koppel fischen fuhren, ein fremdes Mädchen mit einem Bootshaken vor dem Ertrinken gerettet. Das Mädchen, was absichtlich in den Rhein gegangen war, hieB Grütefin und stammt aus Berlin. Es wurde nach Niederbreisig zu einem Herrn Simon gebracht, wo es Aufnahme fand. 1)

1) Tagebuch der Familie Georg Valentin, Kripp 1876- 1920,

Das erste Flugzeug über Kripp
weis/funk 1993

Am 24. Februar 1913 vernahmen die Kripper zum ersten Mal in ihrem Leben ein mechanisch angetriebenes vogelähnliches Gerät in der Luft. 
Der erste Aeroplan 1) überflog Kripp um viertel vor 5 Uhr und war um halb 6 Uhr schon in Köln. Es war ein Doppeldecker, besetzt mit einem Major als Aviateur 2) und einem Leutnant. 3)

1) damalige Bezeichnung für Flugzeug
2) alte Name für Pilot
3) Tagebuch der Familie Georg Valentin, Kripp 1876- 1920, 


Giftalarm
weis/funk 1998

lnfolge der modernen Nachrichtentechnik bediente man sich schon vor der Jahrhundertwende der Eilbedürftigkeit wegen des Telegraphen. Hierdurch wurde der Remagener Bürgermeister Beinhauer von der drohenden Katastrophenlage mit Hilfe der modernen Kommunikationstechnik in Kenntnis gesetzt und zur Gefahrenabwehr um weitere sofortige Präventivmaßnahmen gebeten.
Gemäß schriftlicher Verfügung des Remagener Stadtbürgermeisters Beinhausen vom 20.11.1877 an den Gemeindevorsteher Rick zu Kripp wurde dieser verpflichtet, zur "Abwendung von Gefahr für Menschen und Thieren " infolge des zwischen Mülhofen und Bendorf im Rhein gesunkenen mit 700 Zentnern Arsenik beladenen Dampfschiffes, alle Brunnen in Kripp, welche durch ihre Lage vom Rheinstrom gespeist werden, bis auf weiteres sofort unter polizeilichen Verschluss zu legen.
Ferner den Verkauf "aller frischen Fische von der Hand " zu untersagen und die "zum Verkauf angebotenen Fische zu confiszieren". Über etwaige Erkrankungen durch Vergiftung infolge dieses Unfalles war sofort Anzeige zu erstatten. 1)

Hier das Telegramm von 1877 2)

Die sofortige Erledigung einer ,,0rtsüblichen Bekanntmachung“ in Kripp wurde dem Remagener Bürgermeister durch den hiesigen Bezirks- Vorsteher Rick am 21 .Nov.1877 durch Unterschrift attestiert.

1) Landeshauptarchiv Koblenz, Bestznd 635/395, (Polizei -Verordnungen und Bekanntmachungen)
2) Telegramm :August Wingen, Bad Bodendorf+ , (Kopie Sammlg. Weis/ Funk Kripp)


Der Auferstandene
weis/funk 2009

Es war damals in Rheinorten durchaus üblich, das diese in ihren Leichenhallen auf dem Friedhof stets einen Sarg für eventuell unerwartet geländete Wasserleichen in Reserve zu halten hatten, damit jederzeit eine Einsargung gewährleistet war. In Kripp hatte Klaus Ronken als ,,Herr der Gräber" das Amt des städtischen Totengräbers inne.
Für ihn war es durchaus normal, in der hiesigen Leichenhalle, das den Friedhofsbediensteten  auch als Aufenthalts- und Geräteraum diente, während seiner wohlverdienten Mittagspause sein tägliches Mittagsschläfchen zu halten.
lnfolge fehlender Liegestatt bevorzugte er zu seiner Bequemlichkeit im vorhandenen offenen  Sarg auszuruhen. So auch in jener Sommerzeit 1960, wo infolge der grossen Hitze die  Eingangstüre offen stand. Nun lag da unser Ronken, vor Hitze und Erschöpfung friedlich eingeschlafen im Sarg, in den höchsten Tönen schnarchend. 

Vorbeikommende auswärtige Friedhofsbesucher, die zufallig und ungewollt einen Blick in  den Sarg warfen, nahmen fluchtartig Reißaus und liefen von dannen. Eine schnarchende Leiche war ihnen derart ungeheuerlich, das sie der Erzählung nach nie mehr wieder in Kripp gesehen wurden.

1) Nach einer Erzählung von Heinz Gries, Kripp, 2009


Eheberedung

Die "Eheberedung" für Maria Christina von Meurers 1735 „an der Kripp gegen Linz über". 
weis/funk 1998

Eine rechtliche Absicherung zwischen Eheleuten mit irdischen Gütern ist keine Erfindung der heutigen Gesellschaft. Glei­ches wurde auch früher schon zwischen Eheleuten in Kripp praktiziert, wie in einer Urkunde " Im Namen der Aller- Heiligsten Drey Einigkeit" des Breisiger Pfarr­archivs zu entnehmen ist. 1)

Zur Zeit des Feudalismus galt die Ehe in der aristokratischen Gesellschaft und im Großbürgertum als politische und mit viel Be­dacht anzugehende Angelegenheit, die diplomatisches Geschick erforderte und bei der der wirtschaftliche Aspekt kein unbeachtlicher war. Bevor sich der zarte Keim der Liebe entwickelte und eine Ehe eingegangen wurde, ging in erlauchten Kreisen üblicherweise eine ausführliche "Eheberedung" zwischen den Brauteltern voraus, bei der die peinliche Erörterung beiderseitige Mitgift und vor allem die finanzielle Versorgung der Braut ausgehandelt und notariell mit der Anrufung Gottes eröffnet und beurkundet wurde.

Drei handgeschriebene und mit 11 Siegeln natariell beglaubigte Seiten geben Zeugnis von einer solchen, in Kripp stattgefundenen, "Beredung".

Am Donnerstag, dem 10.4.1735 wurden in Anwesenheit des Notars v. Rupprecht die Bedingungen der Eheschließung zwischen allen sieben Anwesenden der beiden Familien festgelegt. Gegenwärtig waren das Brautpaar (Freiherr Johann Friedrich von Oeynhau­sen 2) und Maria Christina Theresia Rosa von Meurers 3)), die Eltern der Braut, die Witwe des Freiherrn Johann Friedrich Christoph von Oeynhausen, Nassau - Hadamarscher Obristhofmeister, Landeshauptmann und Kammerherr 3), Anna von Oeynhausen, genannt Schmiz,? und der Hochedelgeborene Hochgelehrte Ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht zu Essen und Thorn Hofrat, Richter des Ländtleins Breisig, Sydici der Stadt und des Amtes Sinzig Johann Wilhelm von Meurers, beider Rechte Doctor sowie seine Frau Assuera Maria Margaretha von Meurers, geb. Baronese von und zu Metternich, Hei­merzheim, Nechtersheim und Holtmühlen.

Vergleichbar mit einer heutigen Verlobung hatten die Eheleute sich bereits bei der Hillich 4) unter dem 5. des Monats per "Handstreich" versprochen, "sich einander zur heiligen Ehe zu nehmen und christkatholischem Gebrauch nach durch priesterliche Copulation und Beilager fürderab bestätigen zu lassen und gegen- und miteinander in treuehelicher Pflicht und Liebe, wie es frommen Christgetauften zukommt, bis ans Ende ihres Lebens zu verharren." 5)

Natürlich wurde auch der Witwenstand rechtlich vorbedacht. Die wirtschaftliche Regelung des Ehevertrags sah vor, dass im Fall des Todes des Ehegatten die Frau und etwa geborene Kinder sich das Erbe teilten, wobei das beiderseitige Testamentsrecht unberührt blieb - diese Regelung entsprach der "Erzstift-Köllnischen Landverordnung".

Außerdem erhielt die Ehefrau "um die Bürde des Ehestands zu erleichtern", insbesondere für Ausstaffierung "standesmäßiger Kleidung und Leibzierde" einen Betrag von zweitausend Florin Rheinisch zur selbsteigenen Disposition, wovon der Brautvater und der Bräutigam je 52 Albus Köllnischer Währung Anzahlung leisteten und sich verpflichteten, den Rest verzinslich in ratierlichen Teilbeträgen auszugleichen. Nach der Unterschriftsleistung der beiderseitigen 7 Familienangehörigen, sowie der 3 Zeugen, dem Pfarrer Peter Mürll von Erpel und dem dortigen Frühmesser Anton Hütig und dem Breisiger Frühmesser Mattias Ulrich wurde die Richtigkeit des Contractes durch die Unterschrift des Notars beglaubigt und eigens für jede Signatur die Echtheit mit einem Siegel bekräftigt.


Als Zeit und Ortsangabe sind beurkundet : "so geschehen an der Kripp Linz über, Ambt Sinzig, den 10ten Aprilis 1735". 6)

Der Grund, aus welchem Grund die Brauteltern für den Abschluss dieses Ehevertrages ein Gasthof „an der Kripp gegenüber Linz" wählten dürfte vermutlich in der Annahme nahe liegen, das die begüterte Breisiger Familie Meurers mit der Familie Oeynhausen, die vermutlich in Erpel in direkter Rheinlage wohnten, Kripp als neutraler Ort zwischen den beiden Wohnlagen Breisig und Erpel wählten. Diese Vermutung des Wohnsitzes Erpel resultiert aus einer noch heute befindlichen Wappensteinplatte in der rheinseitige Begrenzungsmauer sowie einer wappenverzierten Grabplatte des bekannten niedersächsischen Geschlecht des Freiherrn Ludwig von Oeynhausen, der durch seine Frau Grundbesitz in Erpel erhielt.7)



1) Carl Bertram Hommen, Von Hexen, Schiffern und Papiermachern am Rhein, Ahr und Eifel, Bad Breisig 1991.

2) Sohn der begüterten Familie niedersächsiches Geschlechts mit Grundbesitz in Erpel

3) Tochter der begüterten Familie Meurers aus Breisig

4) Hillich= altes rhein. Wort für eheliche Versprechung, Verlobung. Nach der damaligen Volksauffassung legte bereits die Verlobung die Treuepflicht auf und wurde als bindendes Eheversprechen bewertet. Auf dem Tridenter Konzil (1563) erhielt die kirchliche Trauung den Rechtssinn unter Zuziehung von 2 Brautzeugen einen Rechtssinn der eigentlichen Eheschließung.(Peter Weber in Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1991,S.155, Hochzeit im Wandel der Zeit) Ab der franz. Revolution wurde die Zivilehe durch die Code Civil geregelt, die auch ab 1876 für das Deutsche Reich obligatorisch wurde.

5) Frauenzimmerlexikon 1715 : "Morgengabe ist ein ansehnliches Praesent, welches ein neuer Edelmann vonAdel seiner Braut den anderen Hochzeits- Tag früh Morgens nach dem ersten Byschlaf und beschlagener Decke statt eines Lohnes und einiger Ergötzlichkeit vor die verlorene Jungfernschaft zu verehren pflegt.
(Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1987, S.202-203, Fußnote 2 „Eine Reifferscheider >>ehelige Heiratsverschreibung<< aus dem Jahre 1744“, von Peter Weber)

6) wie 1

7 Rheinische Kunststätten, Heft 29, S.14, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 1981) 

Anmerkung zu 1): Die nach Angaben von Hommen im Bad Breisiger Katholischen Pfarrarchiv befindlichen Originalurkundenkonnten laut schriftlicher Auskunft des Bad Breisiger Pfarrers Hoellen wegen Personalknappheit nicht nachgesucht werden. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass von uns, aus diesem Grund die Urkundenabdrucke aus dem Bericht von Carl Bertram Hommen, „Von Hexen, Schiffern und Papiermachern am Rhein, Ahr und Eifel,“ Bad Breisig 1991, für diesen Beitrag reproduziert Verwendung fanden.


Eine Moritat

geschehen zu Kripp am Rhein gelegentlich des Glockenfestes
am 30. April 1922
zu Fersen geknüppelt von A. Seirröd, in Kolloratur gebracht von F. Negttül und komponiert
von einem Dernichtmehrda ist


I. Bild

Ist das nicht der Vater Rhein?
Ja, das ist der Vater Rhein.
Fließt er nicht an Kripp vorbei?
Ja, er fließt an Kripp vorbei.
Kripp vorbei, Vater Rhein,
Ja, das ist das Kripp am Rhein.

Ist das nicht ein Rheinschiff hier?
Ja, das ist ein Rheinschiff hier.
Ist das nicht voll Wein und Bier?
Ja, das ist voll Wein und Bier.
Wein und Bier, Rheinschiff hier,
Kripp vorbei, Vater Rhein,
Ja, das ist das Kripp am Rhein.

Ist das nicht der Leinepfad?
Ja, das ist der Leinepfad.
Zieht da nicht ein Pferdepaar?
Ja,da zieht ein Pferdepaar.
Pferdepaar, Leinepfad.
Wein und Bier, Rheinschiff hier,
Kripp vorbei, Vater Rhein,
Ja, das ist das Kripp am Rhein.

Ist das nicht ne Krippe hier?
Ja, das ne Krippe hier.
Steht die nicht vor Schmitzens Tür?
Ja, sie steht vor Schmitzens Tür.
Schmitzens Tür, Krippe hier,
Pferdepaar, Leinepfad.
Wein und Bier, Rheinschiff hier,
Kripp vorbei, Vater Rhein,
Ja, das ist das Kripp am Rhein.

Weißt du nun wie Kripp entstand?
Ja, ich seh´s auf dieser Wand.
Dieser Wand, Kripp entstand
Schmitzens Tür, Krippe hier,
Pferdepaar, Leinepfad.
Wein und Bier, Rheinschiff hier,
Kripp vorbei, Vater Rhein,
Ja, das ist das Kripp am Rhein.


II. Bild

Ist das nicht ein Autobus?
Ja, das ist ein Autobus.
Der nach Neuenahr hin muß?
Der nach Neuenahr hin muß.
Ahr hin muß, Autobus,
So verkehrt das Kripp am Rhein.

Ist das nicht ein Condukteur?
Ja, das ist ein Condukteur.
Weiß er was von dem Malheur?
Ja, erweiß von dem Malheur.
Dem Malheur, Condukteur,
Ahr hin muß, Autobus,
So verkehrt das Kripp am Rhein.

Ist das nicht Postbotens Fritz?
Ja, das ist Postbotens Fritz.
Macht er nicht darüber Witz?
Ja, er macht darüber Witz.
Drüber Witz, Postbotens Fritz,
Dem Malheur, Condukteur,
Ahr hin muß, Autobus,
So verkehrt das Kripp am Rhein.

War das nicht dem Werner seine?
Ja, das war dem Werner seine.
Hatte die nicht kurze Beine?
Ja, die hatte kurze Beine.
Kurze Beine, Werner seine,
Drüber Witz, Postbotens Fritz,
Dem Malheur, Condukteur,
Ahr hin muß, Autobus,
So verkehrt das Kripp am Rhein.

Ist das nicht das Pontenvieh?
Ja, das ist das Pontenvieh.
Ärgert das nicht Leute viel?
Ja, das ärgert Leute viel.
Leute viel, Pontenvieh,
Kurze Beine, Werner seine,
Drüber Witz, Postbotens Fritz,
Dem Malheur, Condukteur,
Ahr hin muß, Autobus,
So verkehrt das Kripp am Rhein.


III. Bild

Ist das nicht vom Krupp en Bau?
Ja, das ist vom Krupp en Bau.
Platz dem Faß nicht da die Dau?
Ja, dem Platz platz da die Dau.
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

Ist das nicht die Wäscherei?
Ja, das ist die Wäscherei.
Wäscht man da nicht allerlei?
Ja, man wäscht dort allerlei.
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

Ist das nicht ein Nagel hier?
Ja, das ist ein Nagel hier.
Öffnet der dem Gold die Tür ?
Ja, der öffnet Gold die Tür.
Nagel hier, Gold die Tür,
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

War das nicht mal Stadthalterei?
Ja, das war Stadthalterei.
Machte die nicht Sorgenfrey?
Ja, die machte Sorgenfrey.
Sorgenfrey, Stadthalterei,
Nagel hier, Gold die Tür,
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

Ist das nicht ne Ziegelei?
Ja, das ist ne Ziegelei.
Läuft da nicht die Polizei?
Ja, da läuft die Polizei.
Polizei, Ziegelei,
Sorgenfrey, Stadthalterei,
Nagel hier, Gold die Tür,
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

Ist das nicht ne Seltersflasche?
Ja, das ist ne Seltersflasche.
Füllt die nicht dem die Tasche?
Ja, sie füllt dem da die Tasche.
Da die Tasche, Seltersflasche,
Polizei, Ziegelei,
Sorgenfrey, Stadthalterei,
Nagel hier, Gold die Tür,
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.

Ist das nicht ein Lederriemen?
Ja, das ist ein Lederriemen.
Kommandieren hier nicht sieben?
Ja, hier kommandieren sieben.
Dieren sieben, Lederriemen,
Da die Tasche, Seltersflasche,
Polizei, Ziegelei,
Sorgenfrey, Stadthalterei,
Nagel hier, Gold die Tür,
Allerlei, Wäscherei,
Da die Dau, Krupp en Bau,
So schafft man in Kripp am Rhein.


IV. Bild

Ist das nicht ein Jüngling fein?
Ja, das ist ein Jüngling fein.
Führt der nicht die Jungfrau heim?
Ja, er führt die Jungfrau heim.
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Trägt diew nicht ein blaues Band?
Ja, sie trägt ein blaues Band.
Reicht sie dem nicht gern die Hand?
Ja, sie reicht ihm gern die Hand.
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Ist das nicht ne Feuerspritze?
Ja, das ist ne Feuerspritze.
Löscht mit Trester man die Hitze?
Ja, man löscht mit Trester Hitze,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Singt man hier das hohe „C“?
Ja, man das hohe „C“.
Läuft er fort mit Ohrenweh?
Ja, er läuft mit Ohrenweh.
Ohrenweh, Hohes „C“,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Ist das nicht ein Krieger fein?
Ja, das ist ein Krieger fein.
Mag der wohl die Wurst allein?
Ja, er mag die Wurst allein.
Krieger fein, Wurst allein,
Ohrenweh, Hohes „C“,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Mag das wohl sein Orden sein?
Ja, das mag sein Orden sein.
Ist die Brust nicht viel zu klein?
Ja, die Brust ist viel zu klein.
Viel zu klein, Orden sein,
Krieger fein, Wurst allein,
Ohrenweh, Hohes „C“,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Treibt man da nicht Jugendsport?
Ja, da treibt man Jugendsport.
Jagd der Mann nicht alle fort?
Ja, der Mann treibt alle fort.
Alle fort, Jugendsport,
Viel zu klein, Orden sein,
Krieger fein, Wurst allein,
Ohrenweh, Hohes „C“,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.

Macht der Turner nicht die Hocke?
Ja, der Turner macht die Hocke.
Hängt nun alles an der Glocke?
Nun hängt alles an der Glocke.
An der Glocke, macht die Hocke,
Alle fort, Jugendsport,
Viel zu klein, Orden sein,
Krieger fein, Wurst allein,
Ohrenweh, Hohes „C“,
Trester Hitze, Feuerspritze,
Gern die Hand, blaues Band,
Jungfrau heim, Jüngling fein.
So treibt Kripp Vereinsmeierei.


Kripper Kartoffelkäfer
weis/funk 1999

Der Amtsbürgermeister als Ortspolizeibehörde
Tgb. Nr. II                                                                                                                                                Remagen, den 19.9.1938

Herrn Heinr. Wickel, Remagen-Kripp

Wie bereits bekanntgegeben ist, findet das Absuchen der Kartoffelfelder jetzt zweimal in der Woche statt.

Das nächste Absuchen ist auf den 22.9.1938, Treffpunkt 14 Uhr in Remagen an der Knabenschule, Altestraße, in Kripp am Schulhof, Hauptstraße angesetzt worden. Auf Grund der Verordnung zur Abwehr des Kartoffelkäfers vom 15.April 1937 (R.G.Bl.S.530) werden auch Sie hierdurch aufgefordert, sich zu dem angesetzten Termine einzufinden und sich an der Suchaktion des Kartoffelkäfers zu beteiligen. Im Verhinderungsfalle haben Sie einen Ersatzmann zu stellen. Sollten Sie diesem Ersuchen keine Folge leisten, so haben Sie mit einer strengen Bestrafung zu rechnen, die sich aber bei wiederholten Versäumnissen entsprechend steigern wird. Den Anweisungen des Kolonnenführers haben Sie unnachsichtlich Folge zu leisten und pünktlich zur angesetzten Zeit am Treffpunkt sich einzufinden. 

Weiterhin besteht Veranlassung darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit der Maßnahme auch eine gewissenhafte Durchführung derselben erfordert.

Als Kolonnenführer ist für Sie Herr (Zohrl) zuständig.



Fotos vom alten Kripp

vorgestellt von Horst Krebs

Foto von Frau Weiler

Die Rosenstrasse Ende der 50er Jahre