Auswanderer aus Kripp
von Horst Krebs
Vorgeschichte
Die Reise in die neue Heimat war für alle Auswanderer ein sehr prägendes Erlebnis. Das Leben auf einem Schiff, die Gefahr von Stürmen und Krankheiten, Langeweile und drohender Seekrankheit, die ungewisse Zukunft, die Neugier auf das neue Land und das beginnende Heimweh, all diese Faktoren bestimmten die Gefühlslage der Passagiere an Bord. Die meisten der Auswanderer gelangten in den 1850er Jahren mit Segelschiffen nach Amerika. Ihr Weg führte sie nicht nur über deutsche Seehäfen, wie Bremen und Hamburg, sondern auch über Rotterdam, Antwerpen und Le Havre. Bis die Auswanderer ihre Abreisehäfen erreichten, mussten sie bereits einen sehr langen und beschwerlichen Weg zurücklegen. Zu Fuß, mit dem Pferdewagen oder ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit Eisenbahnen reisten die Auswanderer an die Küsten. Die meisten hatten eine Passage auf den Segelschiffen der Schifffahrtslinien gekauft. Ihre Abreise war vom Wetter abhängig und konnte sich auf unbestimmte Zeit verzögern. All das steigerte die Kosten der Reise enorm.
Viele Kripper und Remagener mussten diesen Weg gehen, und alle nahmen diese Strapazen auf sich, in der Hoffnung, der Armut zu Hause zu entkommen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der Frachtverkehr die Haupteinnahmequelle der Schifffahrt. Die Kapitäne fuhren häufig mehrere Häfen an, um so viel Profit wie möglich machen zu können. Spezielle Auswandererschiffe gab es noch nicht und die Kosten für die Unterbringung und Überfahrt mussten in dieser Zeit noch direkt mit dem Kapitän des Schiffes ausgehandelt werden. Auf den Schiffen war die Unterbringung sehr notdürftig, und die Reise war eine hohe Belastung für die Auswanderer. Erst mit der Gründung der Linienschifffahrt zwischen Bremen oder Hamburg und den Häfen in den USA wurde der Passagierverkehr immer wichtiger für die Reedereien. Durch neu entwickelte Schiffstypen wurden die Atlantiküberquerungen deutlich schneller und für die Passagiere angenehmer.
1837 wurden die ersten Dampfsegler, eine Kombination aus Segel- und Dampfschiffen, im englischen Linienverkehr eingesetzt. Aufgrund der zu dieser Zeit noch sehr unzuverlässigen Maschinen waren die Segel für die Schiffe unerlässlich, falls es zu einem Ausfall der Maschinen kommen sollte. Die zuvor mehrwöchige Überfahrt konnte durch die Dampfschiffe verkürzt werden. Trotzdem bevorzugten Auswanderer weiterhin die preisgünstigen Segelschiffe. Aber bereits in den 1860er Jahren fuhren nur 16 % der Auswanderer in Hamburg mit Segelschiffen, zu Beginn der 1870er Jahre verschwanden die Segelschiffe aus dem Passagierverkehr der Schifffahrtslinien in Hamburg und Bremen.
Die Mehrheit der deutschen Auswanderer konnte sich keine Überfahrt in der ersten oder zweiten Kajüte leisten. Fast 90 % der Passagiere reisten im Zwischendeck, das durch einen Einbau zwischen Laderaum und Oberdeck entstand. Die Betten bestanden aus einfachen Holzverschlägen, Tische oder Bänke gab es häufig nicht. Bettzeug, Matratzen, Geschirr und Verpflegung mussten selbst von den Auswanderern mitgebracht werden. Einen Speisesaal gab es für die Passagiere des Zwischendecks nicht, sie mussten ihr Essen entweder an Deck oder in den Holzverschlägen einnehmen. Die gesamte Unterbringungssituation war sehr beengt, denn das Zwischendeck war Lebens- und Gepäckraum zugleich, was bei starkem Seegang für die Passagiere lebensgefährlich sein konnte. Bei schlechtem Wetter blieben die Luken zum Deck geschlossen, sodass nicht immer gelüftet werden konnte. Die große Masse an Menschen in einem engen Raum verstärkte auch die Gefahr von Epidemien auf den Schiffen. Neben den gesundheitlichen Gefahren waren viele Auswanderer von Seekrankheit betroffen. Kaum ein anderes Thema ist so dominant in den Beschreibungen der Überfahrten wie die Seekrankheit.
Vor allem zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren diese Reisebedingungen für die Passagiere eine hohe Belastung, die sich erst durch eine kürzere Reisezeit auf den neuen und komfortablen Dampfschiffen verringerte.
1907 kostete die Fahrt Deutschland - New York in der 1. Klasse 200 - 280 Mark, in der zweiten Klasse 190 - 210 Mark, in der 3. Klasse 160 - 200 Mark, im Zwischendeck 130 - 160 Mark (Winter billiger als Sommer); Zum Vergleich: Ein Zimmerer in Remagen verdiente zu dieser Zeit rd. 5 Mark / Tag
Einige Kripper reisten mit dem Dampfschiff Borussia oder fuhren nach Amerika mit Schwesterschiff Hammonia der Hamburg-Amerikanischen Paket- und Aktiengesellschaft, der Hapag, die 1847 in Hamburg gegründet wurde.
Ein Jahr später wurde der Betrieb zwischen Hamburg und New York mit Segelschiffen aufgenommen. Erst knapp zehn Jahre später, am ersten Juni 1856, eröffnete die Hapag ihre erste Dampferlinie mit den Schiffen Hammonia und Borussia zwischen Hamburg und New York. Zuerst fuhren die beiden Dampfschiffe direkt von Hamburg nach New York, aber schon ab 1857 wurde ein Zwischenstopp im englischen Southampton eingelegt. Im selben Jahr kaufte die Hapag zwei weitere Dampfschiffe für den Linienverkehr, die Austria und die Saxonia, auf beiden Schiffen konnten mehr als 500 Passagiere untergebracht werden. 1858 kam es zu einem großen Schiffsunglück der Austria, bei dem 449 Menschen starben. Dieses Unglück war ein schwerer Rückschlag für die Hapag, die Technik der Dampfschifffahrt setzte sich aber trotz weiterer Unglücke auf anderen Schiffen durch. 1868 wurden bei der Hapag die letzten Segelschiffe verkauft.
Einige Kripper reisten mit der Borussia nach Amerika. Ihre Überfahrt wurde in der Allgemeinen Auswanderer-Zeitung mit einer Anzeige angekündigt, die zwischen 1846 und 1871 erschien und dies aufgrund der starken Nachfrage teilweise bis zu dreimal wöchentlich. Diese Zeitung war ein allgemeines Informationsblatt zur Auswanderung und bot dem Leser viele Tipps und Informationen für die Planung und Umsetzung der eigenen Auswanderung. Es gab Berichte über Schiffe, über das Leben in Amerika, über allgemeine Bestimmungen und rechtliche Vorgaben. In der Zeitung und der Beilage Der „Pilot“ wurde auch Werbung geschaltet, sodass auch die Anzeige der Hapag über die Fahrt der Borussia dort mehrmals abgedruckt wurde.
" ...... immer wieder Kripp".

Die Einbürgerungskarte von Karl (Charles) Hertgen in New York 1864
Quelle: National Archives and Records Administration (NARA); Washington, D.C.;Soundex Index to Petitions for Naturalizations Filed in Federal, State, and Local Courts in New York City, 1792-1906 (M1674);Microfilm Serial:M1674;Microfilm Roll:117.
Petitions for Naturalization, 1793-1906. ARC ID: 5324244. Records of the Immigration and Naturalization Service. Record Group 85. National Archives at New York City, New York, U.S.A.
Die Eidesstattliche Erklärungsurkunde der amerikanischen Gerichtsbarkeit für Karl Hertgen aus dem Jahre 1864 ein Bürger Amerikas zu sein. (Foto oben)
Am 29. September 1859 erfolgte die Einbürgerung von Karl (Charles) Hertgen von einem amerikanischen Gericht. Nach 5 weiteren Jahren erfolgt dann die so genannte "Fünfjahresbestätigung". Dieses geschah am 4. Oktober 1864 durch seine Unterschrift des Dokumentes.

Quelle: National Archives at New York City;Superior Court of the City of New York (134-135);ARC Number:5324244;ARC Title:Petitions for Naturalization, 1793-1906;Record Group Title:Records of the Immigration and Naturalization Service; Record Group Number85.
Im Alter von 28 Jahren stellte Karl Hertgen einen Passantrag bei der Gemeinde New York. In diesem Passantrag steht handschriftlich, dass er in Kripp, Königreich Preußen geboren wurde. Er musste am 8. Juni 1866 diese Erklärung Eidesstattlich abgeben. Ferner zu dieser Erklärung gibt es auf der Erklärung unten auch eine Personenbeschreibung.

Die untere Auflistung ist aus dem Volkszählungsbogen 1892 aus dem Staate Kings. Dort ist Karl Hertgen mit seiner Frau Anna und 3 seiner 7 Kinder eingetragen.

Aus der Steuererklärung unten von 1864 geht hervor, dass er am 811 Broadway in New York ein Spirituosengeschäft und ein Restaurant führte. In dem Restaurant arbeitete auch sein Bruder Leopold.

Quelle: The National Archives and Records Administration;Washington, D.C.;Internal Revenue Assessment Lists for New York and New Jersey, 1862-1866;Series:M603;Roll:69;Record Group:8, Records of the Internal Revenue Service, 1791 - 2006.
Karl Hertgen wurde auch für das amerikanische Militär gelistet im Falle eines Einsatzes. Diese Listung erfolgte im Mai/Juni 1863 vom Staate New York als eventuelle Einberufung für den Amerikanischen Bürgerkrieg.

Bei der Volkszählung 1895 im Staate New Jersey fanden wir dann auch den Wohnort von Leopold Hertgen. Er wohnte in der Gemeinde Essex in der Newark Ward 4. In der Ward 5 wohnte ein Leo Hertgen mit seiner irischen Frau Kate. Vielleicht war Leo ein Sohn von Leopold Hertgen, diese Erkenntnis ist wahrscheinlich, aber nicht gesichert.
Quelle: New Jersey Department of State. 1895 State Census of New Jersey. Trenton, NJ, USA: New Jersey State Archives. 54 reels.
In dem Buch "....immer wieder Kripp" habe ich folgende Auswanderungen Kripper und Remagener Bürger dokumentiert:
Familie Carl Joseph Schneider aus Remagen Auswanderung 1892
Karl Josef und Leopold Wilhelm Hertgen aus Kripp. Auswanderung 1855.
Familie Jakob Schmidt aus Kripp Auswanderung 1853
Peter Rick aus Kripp Auswanderung 1869
Anna Sophia Weske aus Kripp Auswanderung 1912
Johann Peter Heimermann aus Remagen, Auswanderung 1858
Familie Peter Schaaf aus Remagen, Auswanderung 1852
Christian Hubert Neukirchen aus Remagen Auswanderung 1875
Nicholas Hubert Jäger aus Remagen Auswanderung 1872
Severin Joseph Schneider aus Remagen Auswanderung 1875
Heinrich Josef Bockshecker aus Remagen Auswanderung 1857
Johann Veith aus Remagen Auswanderung 1869
Jacob Müller aus Remagen Auswanderung 1868
H. Stork aus Remagen Auswanderung 1868
Christian Wilhelm Decroupet aus Remagen Auswanderung 1868
Jacob Knauth aus Remagen Auswanderung 1869
Georg Minten aus Remagen Auswanderung 1866
Jacob Blum aus Remagen Auswanderung 1868
Familie Assenmacher aus Remagen Auswanderung 1868
Franz von Howen aus Remagen Auswanderung 1882
Peter Martin Decroupet aus Remagen Auswanderung 1902
Familie Christine Weiland aus Remagen, Auswanderung 1870
Ettore Roman aus Remagen Auswanderung 1907
Familie Christine Weiland aus Remagen, Auswanderung 1870
Familie Hermann Jacob aus Remagen Auswanderung 1885
Familie Carl Reiner Nierendorf aus Remagen. Auswanderung um 1874
Johann Peter Denn aus Remagen, Auswanderung 1862
Jacob Peter Denn aus Remagen, Auswanderung 1851
Friedrich Wilhelm Timm aus Remagen, Auswanderung um 1846
Heinrich Baptist Schneider aus Remagen, Auswanderung um 1852
Familie Johann Peter Wickel aus Remagen Auswanderung 1887
Weitere Auswanderer
Im Landeshauptarchiv in Koblenz finden wir weitere Unterlagen von Bürgern, wo eine Auswanderung beantragt hatten und denen auch die Entlassungs-urkunde mit Datum zur Auswanderung erteilt wurde.
Ob diese Personen letztendlich ausgewandert sind ist anzunehmen, wir konnten es beweislich allerdings nicht bestätigen. Es gibt bei ihnen keine Einträge in den Passagierlisten der Auswanderschiffen, es gibt keine Daten in den amerika-nischen Volkszählungslisten, keine Einbürgerungsanträge in Amerika, keine Dokumente über Hochzeiten, keine Papiere über Geburten, keinen Stammbaum und keine Todesanzeigen.
Joseph Pira erhielt, laut Landeshauptarchiv Koblenz, die Entlassungsurkunde am 21.Juli 1876 von der Preußischen Staatsregierung. Joseph Pira wurde am 24. März 1854 geboren. Sein Auswanderungsziel hatte er mit Amerika angegeben.
Abraham Cahn, ein Onkel des Salomon Cahn aus Remagen, soll nach den Angaben des Stadtarchivars Kurt Kleemann aus Remagen, mit seiner Familie nach 1835 in die USA zu einer verheirateten Tochter ausgewandert sein. Desweiteren bekam ich die Nachricht von Herrn Kleemann, dass sein Neffe Maier Cahn *1845, Sohn des Remagener Salomon Cahn, am 18.August 1881 im jüdischen Hospital in Philadelphia verstorben sei.